Sankt Charlottenburg (vorher: Berlin), den 30. Februar 1867.
Das Kommando der Königlich-Bayerischen Armee gibt bekannt, dass die preußische Hauptstadt Berlin nach dem Sieg der vereinten Armee des Deutschen Bundes besetzt und annektiert wurde. Bis zur Aushandlung eines Friedensvertrages steht die Stadt unter königlich-bayerischer Besatzung. Aufgrund der großen Fremdheit der bayerischen Soldaten in der Stadt hat der provisorische Generalgouverneur Joseph Gustlmayer zur besseren Orientierung und der Stärkung des Heimatgefühls in der Fremde folgende administrative und juristische Änderungen verordnet, um den bald anberaumten Kolonisationsprozess einzuleiten, und die De-Preußisierung Preußens einzuläuten:
(1) Umbenennung von Ortschaften, Bezirken, Stadtteilen etc. in Sankt Charlottenburg, einst Berlin.
Die Liste enthält folgende Umbenennungen:
Mitte: Berlin-Altstadt
Moabit: Mohrenfeld
Hansaviertel: Augsburger Viertel
Wedding: Wendling
Gesundbrunnen: Gesundbrunn
Friedrichshain: Luitpoldshain
Kreuzberg: Kruzifixhöh
Prenzlauer Berg: Breznberg
Karow: Sankt Karl
Malchow: Sankt Michael
Pankow: Sankt Pankraz
Französisch Buchholz: Fränkisch Buchholz
Wilhelmsruh: Maximiliansruh
Charlottenburg: Sankt Charlottenburg
Schmargendorf: Schmantdorf
Grunewald: Grünwald
Staaken: Starkingen
Gatow: Sankt Gangolf
Kladow: Sankt Kilian
Wilhelmsstadt: Maximiliansstadt
Lankwitz: Langingen
Dahlem: Dollheim
Nikolassee: Niklassee
Tempelhof: Kirchhof
Neukölln: Neukirchen
Buckow: Sankt Burckhardt
Rudow: Sankt Rudolf
Treptow: Trebbing an der Dame
Plänterwald: Plantanenwald
Altglienicke: Neugiesingen
Köpenick: Goppingen
Friedrichshagen: Ludwigsdorf
Schmöckwitz: Schmökingen
Marzahn: Magdalenen
Friedrichsfelde: Ludwigsfelde
Reinickendorf: Reinhildendorf
Heiligensee: Allerheiligensee
Märkisches Viertel: Schwäbisches Viertel
(2) Umbenennung des Flusses Dahme
Der Fluss Dahme wird mit sofortiger Wirkung in „Dame“ umbenannt. Den Orten am Flussufer steht es dementsprechend frei, ein „an der Dame“ an den Ortsnamen hinzuzufügen, so Trebbing an der Dame, Goppingen an der Dame, Schmökingen an der Dame etc. Erweiterungen hin zu „Trebbingen an Unserer lieben Dame“ sind möglich.
(3) Verlegung der Ratsverwaltung nach Sankt Charlottenburg, vormals Charlottenburg
Hauptort der Verwaltungseinheit ist von nun an Sankt Charlottenburg. Der Name Berlin bleibt auf niederer Verwaltungsebene für den Stadtbezirk erhalten. Der Stadtname „Berlin“ wird in „Sankt Charlottenburg“ geändert.
(4) Bajuwarisierungsgesetze
– Wer „Pfannkuchen“ statt „Berliner“ sagt, wird zu einer Geldstrafe von 3.000 Gulden oder Haft von nicht unter einem Jahr bestraft. Die Benennung „Krapfen“ wird empfohlen.
– Die falsche Betonung von Wörtern (bspw. „Grü-nau“ statt „Grün-au“, oder „Baumschulen-weg“ statt „Baumschulenweg“) wird mit einer Geldstrafe von 5.000 Gulden oder Haft von nicht unter zwei Jahren bestraft.
– Der Gebrauch des Wortes „Schrippe“ statt „Semmel“ wird mit Haft nicht unter drei Jahren bestraft.
Gez.
Die provisorische Stadtverwaltung