Zum ersten Mal ist dieses Standcafé gezwungen, eine erweiterte Sonntagsschau zu liefern; es gäbe so viele Themen, die es zu bearbeiten gilt, und insbesondere die Adventszeit sollte eher den schönen Dingen dienen. Also mehr Kultur statt Politik.
Wer die gestrige Sonntagsschau gelesen hat, weiß, dass die Lage sich jedoch so zuspitzt, besonders die von mir genutzten, „alternativen“ Medien. Bereits in „alternativ“, das früher eher eine linksextreme Bedeutung hatte, steckt heute schon der vermeintliche Feind versteckt. Informieren Sie sich heute nicht per Gebührenfernsehen, Prantl-Kolumne oder Frankenberger-Kommentar, machen Sie sich verdächtig. Und das wollen Sie doch nicht, oder?
Dirk Maxeiner titelt daher nicht umsonst mit dieser Schlagzeile. Alexander Wallasch, der gestern hier antwortete und seit den Anfängen von Tichys Einblick dort die Feder schwingt, hat bereits erläutert, dass er aufgrund der „Augstein-Affäre“ kein Freund von Broder und seiner Webseite ist, sogar seinen gelungenen Artikel zu Kahane verhinderte. Ich habe deswegen nicht konkret darauf geantwortet, weil ich es hier tue: ich behaupte, wir sind bereits seit einigen Jahren, gefühlt seit dem Ausbruch der Schulden-, Griechenland- und Eurokrise in einem Dauermodus des Kesseldrucks. Informationen werden manipuliert, uns vorenthalten und jene, die eine andere Meinung haben als Skeptiker, Feinde oder Zweifler angesehen. Sie glauben das nicht? Setze Sie vor diese Substantive ein „EU“, oder „Klima“.
Als Machiavellist und Teilzeit-Schmittianer ist mir ziemlich genau bewusst, wie Macht und Herrschaft funktionieren. Das Politische definiert sich über Feindbestimmung. Medien und Politik orientieren sich gesinnungstechnisch kaum noch am „äußeren Feind“, sondern am „inneren Feind“. Um es in seiner völlig wahnsinnigen Extremsituation auszudrücken: Sie sind als „Europa“-Feind, als „Klimaskeptiker“, als „Homophober“, als Kritiker der Energiewende, als „Wutbürger“, „Hetzer“, „Sexist“ oder „Rassist“ der Elite ein größerer Dorn im Auge als bspw. ein orientalischer Muslim, dessen Glauben und Kultur völlig unvereinbar mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist. Unser Recht auf Meinungsäußerung wird mittlerweile von den Medien als eine gefährlichere Waffe angesehen, als der tagtäglich in Europa ablaufende Zug von Mord, Raub und Vergewaltigung. „Hass im Netz“, und „FakeNews“ sind für diese Elite ein wichtigeres Thema, weil es ihre eigene Position betrifft. Der Pöbel, der mit den Auswirkungen der Einwanderungspolitik in den Ghettos des Ruhrgebiets und anderswo zu kämpfen hat, ist diesen Schönen und Guten fern und unwichtig.
Wir sind damit an den Kernpunkt der Perversität linken Denkens angekommen: der Vorzug der Theorie gegenüber der Praxis, des Sein-Könnens über das Sein selbst. Ein Typikum unserer neurotischen Gesellschaft. Es gilt nicht so sehr, was Sie tun, es gilt, was Sie denken. Wenn Sie als produktives Mitglied der Gesellschaft – Familienvater, zwei Kinder, Versteuerung von mehr als 51% Ihres Erwerbs – Zweifel haben, ob der europäische Stabilitätspakt, das EU-Projekt und die Zuwanderungskrise so eine gute Sache sind, sind Sie potentiell ein größeres Problem für diesen Apparat geworden, als ein von Staatsgeldern unterstützter „Antifaschist“, der fröhlich Autos in Brand setzt und Menschen an Leib und Leben bedroht, aber mit „Kampf gegen Rechts“-Geldern großzügig in seinem Tun bestätigt wird.
Es gehört historisch zu den größten Paradoxen, dass ausgerechnet Schmitt von der extremen Linke gekapert wurde, um es als Katapultgeschoss gegen die Rechte zu wenden. Wenn ich den Feind verortet habe, sind alle Mittel zu dessen Zersetzung recht. Das geht auf mehreren Ebenen. Die Spielregeln dieses Staates stutzen die Werkzeuge des Partisanen der Medien auf einige psychologische und wirtschaftliche, aber nicht minder effiziente Mittel zurecht. Denn genau das sind Leute wie der Herr von der Scholz&Friends-Agentur, Liane Bednarz, die Gruppe um die AAS und „Netz gegen Nazis“. Es handelt sich um kleine, autonom agierende Einheiten, die von außen Gelder erhalten und einen Terror durchführen, dessen Form sich in metapolitischen, propagandistischen und gegen Andersdenkende gerichtete Bomben manifestiert. Diesem Kampf auf der kulturellen Ebene geht der Kampf um die Sprache voraus, den die Linken seit den späten 60ern für sich gewonnen haben; diese Deutungsmacht sieht man bis heute daran, wie noch vor Jahren völlig unbescholtene Begriffe (oder gar Zahlen!) plötzlich rassistische, diskriminierende oder sonstige negativ besetzte Konnotationen bekommen haben, vom „Negerkuss“ bis hin zum „Volk“.
Machterhalt und Aufrechterhaltung von Hegemonie findet vornehmlich durch das bereits von den Römern angewandte Prinzip des Teilens und Herrschens statt (Divide et impera). Genau deswegen – damit komme ich nach längerem Exkurs auf Wallaschs Einwurf zurück – ist es mir gerade herzlich egal, was Broder getan hat, oder warum die Achse sich diskreditiert haben könnte. Hier handelt es sich um einen Angriff gegen alternative Medien auf breiter Linie. Tichys Einblick steht ebenso als Ziel dieser Propaganda fest. Der Don ist schon seit einiger Zeit auf der Abschussliste. Wenn wir hier weichen, dann stürzt ein Stein nach dem Anderen. Die Zerstrittenheit „unseres“ Lagers – das sind: freie Medien, ob christlich, libertär, liberal, konservativ oder auch rechtskonservativ, ob Blog oder Portal, ob Zeitung oder Radio feature – ist die Stärke jeder gegnerischen Agitation. Und als Machiavellist wäre es eine ziemliche Dummheit, aus moralischen Gründen nicht einem wankenden Schiff zur Hilfe zu kommen, dessen hohe Bugwand die eigene Galeere vor Pulvergeschossen schützt, weil man in dessen Fahrwassern sicher segeln kann. Venedig hat auch in den Napoleonischen Kriegen viel zu lange geschaut, wie ein Nachbarstaat nach dem anderen an die Franzosen fiel, und hielt sich demonstrativ neutral – bis die Franzosen auf der eigenen Matte standen, und kein Verbündeter da war, mit dem man sich hätte alliieren können. Das Ende der Serenissima ist bekannt.
Ich teile nicht alles, was Achgut schreibt. Das gilt aber auch für Tichy und viele andere Medien, die ich lese. Der Papsttreue, Felix Honekamp, hat einmal richtig gesagt: wenn jedes Medium meine Meinung haben müsste, bräuchte jeder Mensch eine eigene Zeitung. Dennoch sehe ich bei der Achse des Guten und Co. mittlerweile größere Schnittmengen als bei vielen Quantitätsmedien – es vergeht ja kaum eine Woche, in denen ich hier nicht einen Beitrag zur SZ, FAZ, Welt und Co. schreibe, wo ich einen Beitrag meistens unter historischen, ideologischen oder auslandspolitischen Gesichtspunkten zerpflücke. Ich weiß ziemlich sicher, wann man mich betrügt, besonders auf meinem ureigensten Feld. Der größte Teil dieser medialen Traktate bauen auf einer enormen Überheblichkeit und einem Halbwissen auf, wie sie Sokrates im alten Athen erfreut hätte. Die Augsteins, Prantls, Frankenbergers und andere hätte er mit seiner sprichwörtlichen Fragerei jahrelang zum Gespött machen können.
Im Übrigen scheint man bei Tichy selbst zumindest mit der Achse zu sympathisieren, sonst stände dort Maxeiners Artikel nicht noch einmal.
Dies alles fällt in die Legislatur einer Kanzlerin einer angeblich „bürgerlichen“ Partei, die großzügig solche Aktionen zu tolerieren (Scholz&Friends, zu denen der Betreiber des Boykotts gehört, arbeitet mit der Bundesregierung zusammen) oder gar zu finanzieren (AAS/Netz gegen Nazis) scheint. Das ist auch eine endemische Erscheinung des Partisanentums und Zerfaserung des Nationalstaates nach Schmitt: die eigentlichen Werkzeuge und Entitäten des Staates – Regierung, Justiz, Gesetz, Verfassung – verlieren ihre eigentliche Geltung, an ihre Stelle treten eben diese lokal und flexibel, aber kaum auf irgendwelches Recht gebauten Konglomerate. Das Freund-Feind-Schema der Linksextremen findet im Grunde ohne gesetzliche Grundlage statt, wird aber von den Großen entweder in lenkbare Bahnen geleitet (AAS) oder zumindest toleriert. Der Staat zerfällt daher nicht nur im Bereich der EU-Krise, in welcher er Kompetenzen und Souveränität an äußere Gewalten abgibt; im Zuge der Migrationskrise in welcher gesetzlose Räume zu No-Go-Areas werden und Frauen nicht mehr auf die Polizei, sondern ihr Pfefferspray vertrauen müssen; und zuletzt im Zuge des Rechtes, da Aushöhlung von Meinungs- und Pressefreiheit (will man diese Komponente Tichy und Achgut nicht zusprechen?) von NGOs vorangetrieben werden, eine dabei unter direktem Schutz des Bundesfamilienministeriums.
Daher betone ich: es geht ums Ganze. Wenn selbst jemand wie Broder ein Banner mit „Ihr Totengräber :(“ aufhängt, dann scheint die Achse schwer getroffen zu sein. Das Boot leckt. Das sollte niemandem gefallen, der Interesse daran hat, dass wir uns selbst eine Meinung bilden, als diese vorgebildet bekommen. Eine der liebsten Parolen des linksextremen Lagers ist die des „Hetzers“. Dabei ist es genau das, was hier stattfindet: eine Hetzkampagne gegen eines von Deutschlands größten, unabhängigen Portalen, bei denen renommierte Autoren, Journalisten, Künstler schreiben. Ein früherer Eintrag des Boykott-Aufrufers zeigt eindeutig, dass der Herr Breitbart und die Achse des Guten auf eine Stufe stellte. Es handelt sich neben Breitbart um die häufigste genannte Medienseite, die später boykottierten PI-News oder Compact werden nur einmal erwähnt (und das Gros der später Boykottierten gar nicht). Die Achse landete zwar später nicht auf der Liste, wurde dennoch vernichtend getroffen, wie in Broders Bericht deutlich wird; heißt, der Boykotteur behauptet, Achgut nicht zu boykottieren, tut es aber de facto schon. Was ist das Wort schon wert im Angesicht der Tat – meint der kleine Florentiner in meinem Ohr. Auf Facebook hat dieselbe Persönlichkeit sich vorher nach „konservativen Medien“ erkundigt, Namen, die später auch auf der offiziellen Proskriptionsliste landeten. Wenn ein Stein fällt, fallen auch andere; Präzedenzfälle ermuntern zur Nachahmung. Und nach nur einer Woche hat das Lager der Denunzianten bereits verheerende Erfolge erreicht.
Um daher Adenauer zu bemühen: wir haben die Wahl zwischen Freiheit und Sklaverei. Der Löwe wählt die Freiheit.
Addendum: Mille Grazie an Leserkommentatorin Frieda Jung für die wichtigen Hinweise.