Es soll heute nur eine kompakte Sonntagsschau werden, dafür mit einem ganz konkreten Thema: die linksextreme Denunziation unabhängiger, alternativer Medien als „rechtsextrem“ oder „nazistisch“, um deren Finanzierung einzuschränken oder diese gleich zu verbieten. Es mehrten sich gleich mehrere Vorgänge diese Woche, deren Betrachtung lohnt:
Ad primo ein „Gegenschlag“ der von Kahane geleiteten Amadeu-Antonio, die mit einem sog. „wissenschaftlichen Gutachten“ nicht nur ihre eigene Seriösität fundamentieren will, sondern nach einer weiteren Zurückdrängung von „Hatespeech“ drängt, unterstützt von einer neuen Finanzspritze und – vermutlich! – neuen Kompetenzen und Durchgriffsinstrumenten. Im Gutachten werden dabei nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ – Identitäre Bewegung, Sezession, Junge Freiheit – aufgerollt, sondern im rechtspopulistischen Lager zumindest auch die Achse des Guten, Tichys Einblick und zuletzt Don Alphonso von der FAZ als „Steigbügelhalter“ rechter Verschwörungstheorien. Letzteres heißt im Kontext: Der Don hat den Mund zu weit aufgerissen und die AAS (meines Erachtens hätte es keine bessere Abkürzung für dieses Geierfutter geben können) mit seinen Beiträgen – sprich: Aufklärung – hart getroffen.
Ad secundo die Kampagne eines Agenturmitarbeiters (strategy director bei „Scholz und Friends“), der eine Liste unliebsamer Medien von „rechts“ denunziert, und diese als rechtsextreme Vertreter brandmarkt. Allen voran „Breitbart“, aber eben auch hier bspw. die Junge Freiheit; zudem hat der Verantwortliche zwar zu keinem Boykott gegen die „Achse“ aufgerufen,* aber diese zumindest ebenso wie Tichy als rechtspopulistisch eingeordnet. Perfide: eine Gruppe von Denunzianten wütet auf Twitter und schreibt namhafte Firmen an – so Braun, Rewe, BMW, Beiersorf und Andere – damit diese die genannten Medien auf eine „Blacklist“ setzen; heißt, Anzeigen von bspw. Breitbart werden dann nicht mehr geschaltet. Versucht man auf Twitter darauf ebenso hinzuweisen, wie zweifelhaft das Unterfangen ist, wird einem nicht geantwortet, indes nur das Wort vom „Nazi“ oder „Rechten“ reicht, damit Braun sofort darauf reagiert. Es will ja niemand ein Rassist sein! Unter dem Hashtag #KeinGeldfürRechts findet auf Twitter ein solches Gezerre statt, dass der Anzünder dieser Aktion seine Webseite bereits mit Passwort verriegelt hat (die Facebookseite ist jedoch noch online; bedarf der Rote Stern weiterer Erklärung?)
Mit dafür dürfte die erwartbar polemisch-heftige Reaktion von Henryk M. Broder himself sein. Es folgte darauf noch ein zweiter Beitrag. Diese dürften genügen, um sich ein einigermaßen rundes Bild über den Fall zu machen.
Und Steinhöfel zeigt auf, worum es unserem Streiter womöglich wirklich geht: Geschäfte mit Nutzerdaten.
Marisa Kurz, ebenfalls „Achse“-Autorin, entdeckte den Namen der Webseite bei „Netz gegen Nazis“ einem Ableger der AAS, und legte dazu auf Facebook ein Statement ab. Eben dieses wurde von FB gesperrt – ein Schelm der denkt, die mit Kahane verbandelte Task-Force von Maasens Gnaden könnte dahinterstecken. Kurz darauf:
„Liebe Freunde,
ich wurde für 24 Stunden bei Facebook gesperrt.
Der Grund: ich habe vorgestern in einem Post darauf hingewiesen, dass die Achse des Guten und Tichys Einblick auf der Seite „Netz gegen Nazis“ als „rechtspopulistische“ Blogs gelistet werden. Daraufhin habe ich eine Beschwerdemail an die Kooperationspartner von Netz gegen Nazis geschickt. Den Text dieser E-Mail habe ich in einen Kommentar unter meinem Post kopiert. Für diesen Kommentar wurde ich 24 Stunden gesperrt.
Zum Vergleich: ich habe vorgestern Gerald Hensels Post, in dem er Achse-Unterstützer als „faschistische Kettenhunde“ bezeichnet, gemeldet. Facebook antwortete, dass dies nicht gegen deren Gemeinschaftsstandards verstößt.
Viele Grüße
Marisa“
Und wer findet sich noch auf der Abschussliste? Vera Lengsfeld, selbst DDR-Bürgerrechtlerin, die vom eigenen Ehemann für die Stasi jahrelang ausgespitzelt wurde. Eben diese Lengsfeld findet sich ebenso auf den Proskriptionsverlautbarungen und hat für die aufziehende Situation keine anderen Worte als: Die Stasi ist unter uns.
Zum Gutachten wird der Löwe später noch einen kleinen, eher auf „Wording“ und Strategien der Linksdenunzianten zielenden Text schreiben. Für einen Überblick reicht bis dahin der Beitrag von Alexander Wallasch bei Tichys Einblick.
Noch eine Figur in diesem Spiel aus Intrigen, Macht und teilweise auch persönlichen Feindschaften ist der Don auf dem Schachbrett. Ist es in all diesem wirren Spiel nicht ein Symbol des Zeitgeistes, dass mit Holm ein Staatssekretär mit Stasi-Vergangenheit in Berlin einzieht?
Addendum von 14:40: Die Seite des Initiators ist noch im Webcache, und daher verlinkt. Zudem sind hier die Screenshots, welche den Inhalt des Denunziations- und Boykottaufrufs zeigen.
Leider ist der schöne „Mussolini-Header“ über dem Beitrag nicht zu sehen. Ich füge ihn daher hier nochmals an. Wäre doch zu schade, wenn das freudsche Phänomen verloren geht, sich unbewusst selbst in die Reihen der Verfolger einzuordnen …
*Addendum von Montag, 6:30: So wie es aussieht, stimmt der „Nicht-Boykott“ der Achse, wie Hensel behauptet, nicht gänzlich. In einem aggressiveren Beitrag, der von einer Woche vor dem Artikel des Anstoßes datiert, geht der Initiator weitaus schärfer mit der Achse ins Gericht und nennt sie immer wieder auf einer Ebene mit Breitbart. Da Breitbart der Hauptkontrahent des Boykotts ist, so kann für wenigstens diesen Zeitraum angenommen werden, dass man der Achse und Breitbart gleichwertig hat schaden wollen.