Bonn von Sinnen

6. April 2016
Kategorie: Alltägliche Gedankenstreifzüge | Freiheit | Italianità und Deutschtum | Machiavelli | Medien | Non enim sciunt quid faciunt

Seit meiner Rückkehr habe ich die Bonner Südstadt vernachlässigt. Üblicherweise pflege ich auch hier den Spaziergang, doch wollte oftmals das Wetter nicht so recht mitspielen; ansonsten zog ich die Rheinpromenade oder das Stadtzentrum vor. Allein das ist der Grund, warum mir auf einer meiner Routen nicht jene eklatante Veränderung auffiel, welche Teile der Nicht-Quantitätspresse beherrscht.

Pirincci

Die Spuren der Attacke sind auch noch vier Tage später zu ersehen. Ziel war der Schriftsteller Akif Pirincci, dem ein oder anderen als „Pöbelautor“ und Verfasser des Buchs „Deutschland von Sinnen“ bekannt. Die groteske Vermutung, Pirincci habe den Anschlag gegen sich selbst begangen, wird von Meldungen des linksextremistischen Portals mit dem langen Namen konterkariert. Dort feiert man die glorreiche Tat. Leider sind meine Ansprüche bezüglich Täterverfolgung wegen Sachbeschädigung in diesem Land zu hoch geschraubt. Eine Republik, die nicht einmal die eigenen Grenzen schützen oder die innere Ordnung – Sexualdelikte, ick hör dir trapsen – aufrechterhalten kann, verzeichnet dies natürlich als bösen Jungenstreich.

Nun kann man von Pirincci halten was man will; jüngst noch hatte ich dazu einen Emailaustausch. Dabei sei allerdings gesagt, dass seine Pöbeleien so und nicht anders beabsichtigt sind; wer mal etwas mehr von ihm gelesen hat, weiß, dass da eigentlich ein feinfühliger, ja sensibler Autor hinter der Maske steckt. Gerade das ist bspw. ein Unterschied zu Böhmermann, der nur provoziert, ohne eine Meta-Ebene zu besitzen, welche ihm das vereinigte Feuilleton unterstellt. Pirincci kommt von unten, kann schreiben wie einer von oben und setzt sich wieder die Proletariermaske auf.

Ich habe Böhmi nicht unbedacht erwähnt. Wenn die Deutungshoheitler indirekt Angriffe auf „Graue“ erlauben, werden „Bunte“ ermutigt, Kartoffeln zu werfen. Das ist die Quintessenz. Sachschäden spielen für diese Leute keine Rolle, es geht um „Menschen“. Die Frage ist nur, wie viele Personen bisher von Pirincci zu Mord, Totschlag oder Ähnlichem angestiftet worden sind. Die Anzahl der direkt von Pirincci verübten Straftaten halten sich jedenfalls in engen Grenzen. Es ist daher vielsagend, dass einzig der Tagesspiegel sich über Pirincci äußert, aber eben nicht um die erfolgte Tat, sondern nur um die Drohung Pirinccis gegen die Linksextremen herauszustellen.

Das ist der heutige Duktus: nicht das, was ist, sondern das, was sein könnte, wiegt schwerer. Da ist er, der deutsche Geist, der die Idee dem Sein vorzieht.

Ein türkischstämmiger Autor wird von Linksextremen attackiert; und keinen interessiert’s. Wäre Pirincci nicht Pirincci, regte sich etwas. Und wären es Rechtsextremisten gewesen, die das Haus eines Autors mit Migrationshintergrund verunstaltet hätten – was wäre in diesem Lande los! Demonstrationen „gegen Rechts“, Aufstand der Anständigen, eine Bootstour mit Claudia Roth auf dem Rhein, das Bonner Münster vor Scham verdunkelt. Die Causa Pirincci entlarvt die Heuchelei, dass die Wortphrase „Rassismus“ eben nur eine Rolle spielt, wenn sie Bedürfnisse erfüllt.

So bleibt es Zufall, dass ich davon erfahre, was sich nur ein paar Blocks entfernt so abspielt.

Man muss nicht Pirincci mögen. Wer ihn nicht mag, kann seine Bücher liegen lassen. Doch diese linksextremistischen Verbände, die sich über das Gesetz stellen, werden nicht nur vom Justizminister im „Kampf gegen Rechts“ gehätschelt; der Bürger bezahlt sie direkt über Steuergelder. Steuergelder, die nun an der Haustüre von Akif Pirincci hängen. Als Machiavellist ziehe ich so meine Schlüsse daraus, welche Prioritäten diese Republik hat, wenn sie immer wieder von „Toleranz“ spricht, aber Schriftsteller mit unliebsamen Meinungen Freiwild sind. Vom Staat produzierte Videos und Gedichte gegen Erdogan – wie wäre es damit, erst einmal die Geldhähne der kleinen Erdogans auf der Straße abzudrehen? Unter dem Sultan hätte nämlich Pirincci in seinem Geburtsland ebenso wenig zu lachen.

Aber wenigstens weiß man in der Türkei, woran man ist.

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