Jesus-Verschwörungen

20. September 2020
Kategorie: Die Tagespost | Europa | Freiheit | Historisches | Ich bin Guelfe, ich kann nicht anders | Ironie | Linkverweis | Medien

„Der C. H. Beck Verlag gilt traditionell als Garant seriöser Fachliteratur. Umso hellhöriger macht ein Titel aus dem Jahr 2019: „Kein Tod auf Golgatha“. Jesus habe die Tortur am Kreuz überlebt. Bei der Folterung sei er Opfer einer Lungenverletzung geworden und in eine scheintodähnliche CO2-Narkose gefallen. Der Lanzenstich des legendären Longinus habe ihn gerettet – durch eine „gezielte Punktion“. Joseph von Arimathäa lässt Jesus gesundpflegen, der danach noch in Ostsyrien lebt, während die ursprüngliche Gemeinde eine „Christusbotschaft“ entwickelt, die sich von der originalen „Jesusbotschaft“ unterscheidet. Alte Theorien, noch einmal zusammengemixt und als Sammlung außerchristlicher Jesusrezeption herausgegeben, könnte der Leser denken. Doch weit gefehlt. Der Autor meint es ernst.

Es handelt sich um den Historiker Johannes Fried, der jahrelang als Referenz in der deutschsprachigen Fachwelt galt. Einst war Fried ein führender Mediävist, der Standardwerke schrieb. Nachdem Fried in Historikerkreisen irritierende Thesen veröffentlicht hatte – so etwa über einen fixierten Vertrag zwischen Kaiser Heinrich IV. und Gregor VII. in Canossa –, entfremdete er sich der Fachwelt erst recht mit seiner eigenwilligen Behauptung, den Heiligen Benedikt von Nursia hätte es nie gegeben.

Frieds Jesusbuch offenbart zwei Aspekte. Erstens, dass trotz postchristlicher Gesellschaft die Person Christus immer noch eine so große Faszination besitzt, dass er als Skandalthema reicht. Zweitens, dass es keine Rolle spielt, wie überzeugend die Belege und wie sicher die Quellen für die jesuanischen Revolverblätter sind. Wichtiger ist die „wahre“ Erzählung im Gegensatz zur offiziellen Deutung. Da gelten bei Fried islamische Weisheitsbücher aus dem 11. Jahrhundert als aufschlussreicher als urchristliche Quellen aus den ersten beiden Jahrhunderten; und das Johannesevangelium als historisch erstes Evangelium, während Lukas nur eine Verfälschung des ersten richtigen Evangeliums, das des Erzhäretikers Marcion nämlich, sei.“

Der ganze Artikel bei der Tagespost.

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