Peter Tschaikowskys Verständnis für die Musik Richard Wagners hielt sich in engen Grenzen; und das ist noch sehr vornehm ausgedrückt. Es gibt wenige Komponisten, über die der Russe so scharf urteilte wie den zum deutschen Nationalheros der Musik erhobenen Wagner. Hier eine Auswahl.
Über den „Ring des Nibelungen“ urteilte er:
„Die Auftürmung der kompliziertesten und ausgetüfteltsten Harmonien, die Farblosigkeit des Gesanges auf der Bühne, die unendlich langen Monologe und Dialoge, das Dunkel des Zuschauerraums, die Abwesenheit jeglicher Poesie, jeglichen Interesses der Handlung – alles das hat meine Nerven bis zum letzten Grade ermüdet. Also das ist es, was die Reform Wagners erstrebt! Früher war man bemüht, die Leute durch die Musik zu erfreuen – heutzutage jedoch quält man sie.“
Tschaikowsky war in Bayreuth bei der Premiere Ehrengast. Offensichtlich hatte der Kulturbetrieb sowieso dringenderes zu erledigen, als Wagners Musik zu folgen:
„Während des ganzen Festspiels war das Essen der Hauptgesprächsstoff der Leute. Koteletts, Bratkartoffeln und Omeletts wurden weitaus eifriger diskutiert als Wagners Musik.“
Abschließend bewertete Tschaikowsky das Stück folgendermaßen:
„Die Nibelungen mögen in der Tat ein großartiges Werk sein, gewiss ist aber auch, dass es noch nie eine so unendliche und langweilige Faselei gegeben hat.“
Ein Jahr später scheint Tschaikowsky etwas versöhnlicher, als er die „Walküre“ bewertet, nennt Wagner einen „hervorragenden Symphoniker“. Aber:
„All diese Wotane und Brünnhilden, Frikas usw. sind so unmöglich, so gar nicht menschlich, dass es einem schwerfällt, ihr Schicksal voll lebendiger Teilnahme zu verfolgen.“
Über Tristan und Isolde schreibt Tschaikowsky in einem Brief:
„Eine unerträglich langweilige Oper, in der nur unentwegt geheult wird und deren Monotonie den Zuschauer zur Verzweiflung bringt.“