Das schönste Geschenk am Namenstag war mit Sicherheit die gestrige Begebenheit im Gottesdienst. So glaubte ich jedenfalls; aber alles der Reihe nach.
Zuerst musste ich schlucken. Ausgerechnet der Dechant, der bisher jede Sonntagsmesse mit Predigten politisierte, war für das Fest von San Marco vorgesehen. An Mariä Lichtmess hatte er von braunen Rattenfängern; am Tag der Heiligen Adelheid von der Buntheit des Rheinlandes; in anderen Predigten vom allgemeinen Hass gesprochen (womit er natürlich nur eine Gruppe meinte, und nicht etwa das Phänomen in seiner übergreifenden Auswuchtung). Kurz: als er bereits damit begann, dass Markus ja vor allem über die Taten Jesu geschrieben habe, vom Menschen, der auf andere Menschen zugehe – was ich im Übrigen für eine Fehlinterpretation des Markusevangeliums halte; vielmehr stehen doch hier die Wunder im Vordergrund, ob Heilungen oder Dämonenaustreibungen, die Jesus als den Gottessohn ausweisen – ja, da dachte ich schon: gleich hören wir wieder von den neuen Heiligen.
Es folgte dann das Tagesevangelium mit dem „falschen Markusschluss“ . Jedes Jahr eine Ironie sondergleichen, dass man ausgerechnet die Passage am Markustag vorträgt, die vermutlich gar nicht von Markus stammt; aber ich bin zu wenig Lutheraner um mich nur auf die Schrift zu stützen und zu sehr Katholik, um darüber nicht hinwegsehen zu können. Also:
„In jener Zeit erschien Jesus den Elf und sprach zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!
Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.
Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden;
wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden.
Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes.
Sie aber zogen aus und predigten überall. Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte die Verkündigung durch die Zeichen, die er geschehen ließ.“
Auch das eine Möglichkeit, das verklärte Markusbild des Priesters und das Vorgetragene zu vergleichen. Aber auch einige Anknüpfungspunkte an die Ideen der politischen Kirche. Es ist ruhig. Man wartet. Und dann:
„Wir wollen die Worte des Evangeliums in aller Stille verinnerlichen.“
Erlösung. Es bleibt ruhig. Keine Predigt. Vieles fühlt sich gleich leichter an. Auch in den Fürbitten nur die bekannten Schlager, nichts Aktuelles, nichts Politisches, weder Frankreich noch Amerika, Nordkorea oder sonst etwas mit den „Führern“ der Welt. Hoffnung macht sich breit.
Die allerdings erstickt wird, als nur wenig später beim gemeinsamen Vater Unser der Embolismus ausgelassen, und dafür ein süßes, knopfäugiges Robbenbaby eiskalt abgeschlachtet wird.