Die katholische Kirche ist nichts anderes als das Ereignis des ewigen Schicksals des Menschen

28. Februar 2017
Kategorie: Fremde Federn | Historisches | Ich bin Guelfe, ich kann nicht anders

Aus einer Predigt von Hans Milch aus dem Jahr 1984.

Denn hier ereignet sich ein Wort der katholischen Kirche, der römisch-katholischen Kirche, ihr notwendiges Wort, gerichtet an dich, denn in dir ereignet sich die Kirche, die eine, heilige, katholische, apostolische, römische Kirche. Jetzt und hier, an dieser Stelle wird sie Ereignis, und sie wird Ereignis in jedem Einzelnen, der zuhört und ja sagt und die Worte in sich aufnimmt, die im Namen des Gottmenschen, im Namen der einzigen und ewigen katholischen Wahrheit gesprochen werden. Im Einzelnen allein ereignet sich Schicksal. Schicksal, Schickung, Fügung, das, was auf dich zukommt, das, was dich anredet, womit du gemeint bist, und zwar du in deiner Ganzheit, in deinem Dasein – das ist Schicksal. Und es können nicht hundert Gefühle, hundert Willen, hundert Entscheidungen, hundert Verweigerungen zusammengezählt oder multipliziert werden. Es kann immer nur jeweils ein einziger denken, fühlen, ja sagen oder sich verweigern. Im Einzelnen ereignet sich Volk, im Einzelnen ereignet sich Kirche, und die katholische Kirche ist nichts anderes als das Ereignis des ewigen Schicksals des Menschen – also dein Schicksal, dein ewiges, eigentliches, endgültiges, unwiderrufliches Schicksal.

Demgegenüber hat man es heute mit ganz anderen Maßstäben zu tun in diesem finsteren Jahrhundert, in dem wir leben. Und es sei deutlich gesagt: Es gibt kein finsteres Mittelalter, aber es gibt sehr wohl das finstere, geistesfinstere zwanzigste Jahrhundert. Und das sagen wir gegen Millionen Stimmen, die anders denken. Denn in diesem 20. Jahrhundert, in dem zu leben uns als Bürde aufgetragen ist, und als Würde, wenn wir Widerstand leisten und uns herausrufen lassen, dieses 20. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch die hochperfektionierte, höchstperfektionierte Oberflächlichkeit und Äußerlichkeit – das was außen ist, das Nichtige, Nichtssagende, Zahl, Zeit, Mode, Mehrheit, Meinung, Masse – lauter Varianten und Ausdrucksformen des Nichts – und diese Varianten und Ausdrucksformen des Nichts sind in unserem Jahrhundert die prägenden und thematischen Aspekte – zur Schande dieses Jahrhunderts, denn es ist das Jahrhundert des Nihilismus, das Jahrhundert, das den Götzen des Nichts anbetet, und nichtige Zufälle, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, ohne Sinngehalt, nichtige Zufälle bearbeitet, zu sinnlosen, zufälligen Zwecken einsetzt, mit einem Höchstmaß verstandesmäßiger Anstrengungen. Noch niemals im Laufe der bekannten Geschichte der Menschheit ist so viel Verstandeskraft an so viel Nichtigkeit und Oberflächlichkeit verschwendet worden. Das ist das treffende, prägende Kennzeichen dieses armseligen, dieses vom Teufel heimgesuchten schicksalsschweren Jahrhunderts; und wir haben uns hier zusammengefunden – das ist schon kein gutes Wort – du bist hier eingetroffen, um zu zeigen, daß du nicht einzuordnen bist in dieses dem Nichts und der Masse und der Zahl und der Äußerlichkeit verfallenen Jahrhundert, du läßt dich nicht einfügen, du machst nicht mit, sondern du willst Du bleiben, der du bist in deiner Einmaligkeit.

Denn das kennzeichnet den Menschen als solchen: Nicht, daß seine vorübergehenden animalischen und zufälligen Bedürfnisse befriedigt werden, das macht nicht sein Glück aus. Dem Menschen geht es nicht besser, wenn günstige Tarifrunden abgeschlossen werden. Dem Menschen geht es nicht besser, wenn er mehr Urlaub hat, mehr Freizeit, mehr Geld und weniger Arbeit. Dem Menschen geht es erst gut, wenn ihm die Antwort gegeben wird auf die Frage in der Tiefe seines Geistes, die er nicht wie die Milliarden, wie die allermeisten zuschüttet, sondern die Frage, die er freigibt und freiläßt, die notwendige, wesenhafte, eigentliche Frage, in der die Würde des Menschen beschlossen und gegeben ist.

Und diese Frage ist gerichtet nach dem Einen, der die Sehnsucht unseres Geistes befriedigt und erfüllt. Und die Sehnsucht des Menschengeistes geht ins Unendliche. Der Menschengeist ist aus seiner innersten Notwendigkeit heraus unersättlich. Der Mensch ist dazu angelegt, an keiner Grenze stehenzubleiben, er will und muß jede Grenze überschreiten, und der Gedanke an ein ewiges Stehenbleiben an einer Grenze ist zugleich der Gedanke an die Hölle, denn Grenze ist auf die Dauer für den Menschen Hölle und Unerträglichkeit. Der Mensch will, muß darauf gespannt sein und danach verlangen, jegliche Grenze zu überschreiten, denn er ist angelegt auf das Wahre schlechthin, auf das Gute und das Schöne; und das sind Begriffe, die Unendlichkeit in sich bergen und die einzig erfüllt sind in Gott.

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