Zapp und die Untugend

18. Januar 2017
Kategorie: Alltägliche Gedankenstreifzüge | Ironie | Lesermeldung | Medien | Non enim sciunt quid faciunt | Persönliches

Matthias Jean-Marie Schaeppi ist der Herr, welcher sich für die katholischen Onlinejournale Kathstern und The Cathwalk verantwortlich zeigt; das sind jene Medien, wo auch meine Beiträge ab und an erscheinen. Jüngst erschien dort auch die Analyse bezüglich der Haltungskultur, die geschlossen in ihrer Blase eine eigene Moral pflegt; sie neigt nicht nur dazu, andere anzugreifen ohne die eigenen Fehler wahrzunehmen, sondern führt auch zu einem Wettstreit mit anderen Haltungspharisäern, die medienwirksam ihren Glauben bezeugen müssen. Selbstbestätigung untereinander verhärtet die Ideologie.

Schaeppi hatte auf der Facebookseite des ZAPP-Magazins (NDR) auf meinen Beitrag verwiesen. Wenn Sie jemals eine Bestätigung der gestern aufgeführten These haben wollen, dann lesen Sie nur das Gespräch.

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Wir halten fest: im deutschen Journalismus des Jahres 2017 gilt nicht der Inhalt, sondern die Form. Der Reaktionär sitzt nicht etwa auf meiner Seite der Tastatur, sondern in den gebührenfinanzierten Sendeanstalten der Republik, die ein großgeschriebenes A als wenigstens gleich großes Manko erachten, wie eine falsche Eilmeldung. Hier lebt deutscher Geist weiter! Konrad Duden würde stolz jubeln, ob so viel Beachtung der deutschen Schriftsprache!
Beachten Sie auch: „Falschmeldung“ wird als Terminus nicht verwendet, die sind schließlich Fake News vorbehalten. Wir wollen ja im sauberen, korrekten Sprachduktus bleiben.

Zapp, der neue Hüter der Rechtschreibung, verkneift sich natürlich nicht den Hinweis darauf, dass meine „Polemik“ auch noch viele andere Fehler beinhalte. Das mutet mehrfach ironisch an: erstens, weil mein Text keine Polemik ist, aber sehr viele Polemiken beinhaltet, im Übrigen auch von der ebenfalls gebührenfinanzierten ARD und ihrer Tagesschau. Gegen den Trump-„Kommentar“ wirkt mein Artikelchen wie eine trockene Mathematikformel. Zweitens bleibt man gönnerhaft in der Position der allwissenden Wissenspförtner, weil man Schaeppi trotz allem gewähren lässt, als handele es sich um einen Bittsteller (obwohl Zapp letztendlich für uns da sein sollte, nicht wir für Zapp).

Inhaltlich geht man natürlich nicht auf das Traktat ein. Stattdessen soll Schaeppi in die Ecke getrieben werden als „Troll“. Der gelöschte Beitrag, um den es geht, war nämlich auch vor allem auf einer bestimmten Fehlerebene behandelt worden, nur, weil Schaeppi ein „zu“ vergaß. Die Note, Schaeppi belehren zu wollen, was die deutsche Sprache angeht, entbehrt auch nicht zuletzt deswegen einer gewissen Ironie, da selbiger bald seine Promotion abschließt – in Literaturwissenschaften. Aber von der Warte der Medienschaffenden und ihrer Pförtner sind wir alle nun mal kleine Schafe, die behütet und belehrt werden wollen. Aus diesem Grund (Abweichen vom Thema, stattdessen Eröffnung von Nebenschauplätzen) hatte Schaeppi seinen Kommentar gelöscht.

Krönender Abschluss: unsere Experten von Zapp schicken dem „Troll“ einen Link zu einem Artikel von Zorn, der eben jenes Blasenphänomen umreißt, das ich hier ebenfalls vorstellte. Botschaft: Du sitzt in der Blase!

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Mehr Ironie ist nicht möglich. Dafür zahlen Sie Gebühren. Andere Unterhaltung wäre mir zwar deutlich lieber – aber so schnell bekommt man als Historiker seine Thesen in der Wissenschaft üblicherweise nicht bestätigt. Schade um Carlos Kleiber und die Wiener Philharmoniker auf dem ZDFtheaterkanal.

Wie bezeichnet man das noch einmal, wenn man der festen Überzeugung ist, Gegenmeinungen gehörten Trollen, Gegendarstellungen seien Polemiken, und man selbst habe nur Zugang zur Erkenntnis? Mir schwant, Jürgen Fritz hatte mit seinem gelöschten Tichy-Artikel nicht komplett Unrecht.

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