Ich beziehe mich auf diesen Artikel. Da steht etwas von einem „klaren“ Votum letztes Jahr. 55,3%, wir erinnern uns. Nun denn, wenn das „klar“ ist, dann wundern mich auch die hierzulande vielen „klaren“ Stimmenmehrheiten und natürlich der „klare“ Wille des Volkes nicht. Stimmt, 51%, das ist die absolute Mehrheit. Aber klar? Von den dubiosen Vorgängen in Glasgow, die auf Wahlfälschung hindeuten, ganz zu schweigen…
Belassen wir es bei diesen Wortklaubereien. Wie bereits in meinem letzten Alba-Artikel und UK-Artikel prognostiziert, war das Referendum in jeder Hinsicht ein Erfolg. Sehen wir uns die Fakten genau an, so ist nur eines „klar“: die totale Dominanz der sezessionistischen SNP, die bei der letzten Unterhauswahl im Vereinigten Königreich alle Wahlkreise in Schottland gewann, mit drei Ausnahmen. Das sind „klare“ Mehrheiten, meine Damen und Herren!
Schottland ist nicht unabhängig, hat aber aufgrund des Menetekels der Abspaltung so viele Freiheiten gewonnen, die den nächsten Schritt nur noch zu einer Formalität machen. Wenn die Schotten es wollen.
Das Referendum war eben nicht das Ende, sondern der Anfang einer Regionalisierung des UK, was in einer echten Sezession münden könnte. Denn eines ist ebenfalls „klar“ (ich kann es nicht sein lassen): der Verbleib Großbritanniens in der EU ist alles andere als sicher. Dass nunmehr schon Gesetze verabschiedet werden, die im Hinblick nur eines Ausscheidens aus der EU Sinn ergäben, spricht Bände über die wahren Gedanken in London. Denn nicht der Euro oder die Brüsseler Bürokratie wird den Ausschlag geben, sondern die Masseneinwanderung. Cameron kündigte an, 20.000 Flüchtlinge aufzunehmen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren. So viele kommen in München allein in zwei Tagen an.
Kurz: das hier ist Zündstoff, den Regionalisten schon seit Jahren vorhergesehen haben, vor dem aber die eingesessenen Regierungen und Parteien die Augen bewusst verschlossen. Und da Schottland pro-europäisch und England anti-europäisch aufgestellt ist, könnte das – wie schon einmal angekündigt – der entscheidende letzte Bindefaden sein, der zwischen den beiden Landesteilen zerreißt.
Auch die Katalanen wittern Morgenluft und versuchen (mal wieder) ihr nicht anerkanntes Referendum durchzuziehen. Ob das irgendeine Verbindlichkeit mit sich bringt? Ungewiss. Aber das allgemeine Gefühl innerhalb der EU – „Rette sich wer kann! Jetzt kämpft jeder für sich!“ – wird immer greifbarer. Das gilt eben nicht nur für den Graben zwischen Deutschland und Osteuropa, der sich in der Einwanderungsfrage auftut, sondern auch innerhalb der Regionen.
Bayern ist als erste Station der Einwanderung als erstes betroffen, obwohl die hiesige Bevölkerung dieser Frage am skeptischsten gegenübersteht. Die CSU weiß das, und versucht sich in panischen Kommentaren und populistischen Parolen zu retten und distanziert sich von Schwesterpartei und der großen Mutter. Ob das klappt? Mir scheint das eher das letzte Aufgebot vor dem nächsten Knall zu sein. Die Anspannung ist jedenfalls auch hier spürbar, ohne Antworten auf die Fragen zu kennen.
Für einen Regionalisten kommt das alles nicht überraschend.
„Wir“ haben immer dafür gekämpft, dass Territorium, Umwelt, Geschichte, Sprache und Volk einer Region einen organischen Körper bilden. Mit der grenzenlosen Öffnung für alles – relativistische Ideologien, Einwanderer aus inkompatiblen Kulturkreisen, Ausbeutung unserer Natur, Zerstörung unserer Traditionen – haben die Nationalstaaten gezeigt, dass sie nicht mehr ganz dicht sind. So, wie die Nationalstaaten versuchten, unsere regionalen Eigenheiten auszumerzen, werden die Nationalstaaten nunmehr Opfer des erträumten Weltstaates, der keine nationale Identität mehr kennt. Sie bekommen die eigene Medizin zu spüren, die sie zuvor anderen verabreichten.
Und jene, die das nicht mit sich machen lassen wollen, suchen nach den Rettungsbooten auf dem sinkenden Kahn.