Angeblich sind wieder drei Wochen vergangen, seitdem ich im Land der Lombarden und Veneter ankam. Aufgrund eines Verwandtenbesuchs konnte ich die Zeit nicht so ausschöpfen, wie ich es sonst tat. Mein Mindestziel – Beendigung des Caravaggioduftes – habe ich erreicht. Das Folgeziel (Fertigstellung von Anschreiben und Exposee für diverse Agenturen) steht noch aus. Nicht, dass ich es nicht bereits seit Juni versuchen würde. Aber mir fehlt noch die zündende Idee, wie ich die Atmosphäre des Buches so gut übertrage, dass ich die Unterlagen guten Gewissens absenden kann. Bereits vier Exposee-Ansätze habe ich wieder verworfen und gelöscht.
Mir wäre es bedeutend lieber, das gesamte Kapitel – im wahrsten Sinne des Wortes – geschlossenen zu haben, und nun mit befreitem Kopf der Rückkehr nach Germanien und dem bevorstehendem Herbst entgegenzutreten. Aber so lässt mich das Ganze auch nach der letzten Zeile nicht los. Im Gegenteil. Die weitaus mühsamere, frustrierende Arbeit beginnt erst jetzt.
Abseits davon schwirren mir viele Fragmente im Kopf herum. Fast schon gewohnheitsmäßig muss man die Leere nach so einem Marathon recht schnell füllen, sonst zweifelt und hinterfragt man zu viel, was sich destruktiv auf Seele und Werk auswirken kann. Ich werde vorerst dazu übergehen, ein paar kleine Arbeiten zu beenden, die ich schon länger vorhabe. Da steht vor allem die Erzählung des „Seelöwen“ an erster Stelle, die womöglich nicht länger als 50 Seiten sein wird. Außerdem einige sehr, sehr kurze Texte, die ich über die Jahre gesammelt habe und festhalten will, bevor ich sie vergessen sollte. Die Anekdoten geben einen Hinweis darauf, wohin die Reise geht.
Nach all der epischen Schreiberei, Novellen und den „großen“ Themen suche ich daher nach einer kleinen Rast. Das wird wohl auch diesem Diarium gut tun (was sich bereits an der erhöhten Aktivität im September ablesen lässt). Korrekturlesen, Verfeinern und Exposeeschreiben füllt eben nicht die Phantasie aus. Ich wiederhole mich: prinzipiell liegt es mir mehr, etwas Neues zu schreiben, als mich mit Altem zu beschäftigen.
Zudem habe ich bereits eine sehr positive Resonanz eines Probelesers auf das Manuskript. Weniger ist sie positiv, weil das Werk als gut beurteilt wurde, als vielmehr, weil er es verstanden hat. Den Samstagabend habe ich in Desenzano nur damit verbracht, mir das Hirn zu zermartern, ob ich nicht zu kryptisch in diesem Roman vorging, es dadurch seinen Mehrwert, Inhalt und letztendlich Sinn verliert. Die Rückmeldung hat mich da ungemein beruhigt.
Das einzige, was mich auf meiner Rückreise versöhnt, sind wohl die Playlist zum Caravaggioduft, Hisaishis Minima_Rhythm, Beethovens 7. Sinfonie, sowie Ennio Morriocone. Da geht die Fahrt mitten durch die Nacht im Flug vorbei.
In diesem Sinne: Ich liebe deutsche Autobahnen.