Ein Blick hinter die Kulissen der „Tochter“

28. November 2013
Kategorie: Die Tochter des Marco Polo | Hintergrund und Schreibarbeit

Spätestens im Jahre 2006 reifte die Idee, eine Geschichte über eine Palastintrige am Kaiserhof zu schreiben. Die Protagonistin war mir bereits vor diesem Datum bekannt und im Grunde der Anfangspunkt des gesamten Plots. Es dauerte jedoch bis zum Januar 2009 – konkret: den 8. Januar – bis diese Idee jene Form annahm, wie wir sie heute als „Tochter des Marco Polo“ kennen.

Am 8. Januar 2009 jährte sich der Tod Marco Polos zum 685. Mal. Zu diesem Zeitpunkt sah es um den Venezianer gar nicht gut aus. Es existierten mehrere Debatten, dass dieser gar nicht in China gewesen sei – ein Vorwurf, der in den letzten Jahrhunderten immer wieder erhoben wurde, aber zu diesem Jubiläum nochmals an Bedeutung gewann. Obwohl es gegen die Vorwürfe erhebliche Gegenargumente für einen Aufenthalt Marco Polos in China gab, hielt sich die Atmosphäre, dass der „Milion“ ein Schwindler sei – bis heute ist dieses Vorurteil (?) nicht ausgeräumt.

Erst diese Debatte führte zum Hauptthema des Buches, dessen Struktur ich in zwei Tagen und zwei Nächten durchschrieb. Ein weiteres wichtiges Fragment war der Soundtrack Ennio Morricones zu einem Film über Marco Polo – den ich nie gesehen hatte – welcher die passende Atmosphäre beisteuerte.

Die „Tochter“ war nicht meine erste Geschichte. Ich hatte bereits vorher geschrieben, darunter deutlich längere Geschichten als diese (weshalb hier auch von einer Novelle, keinem Roman, die Rede ist). Jedoch existierte seit 2007 kein Projekt irgendeiner Art, das mich so fesselte. Wenn ich nicht an der „Tochter“ schrieb, lieh ich mir wissenschaftliche Artikel zum Thema aus. Wenn ich das nicht tat, überlegte ich mir den Aufbau und die Abfolge der Kapitel. Und wenn ich beides nicht tat, dann las ich das „Milione“ selbst. Im Nachhinein kann ich nicht mehr rekonstruieren, wie ich nebenbei meinen üblichen Alltag meisterte, ohne morgens in den Frühstückskakao zu kippen.

Von allen Geschichten, die ich bis dahin geschrieben hatte, empfand ich die Tochter vielleicht nicht als das Beste, jedoch als das „vollkommenste“ Werk – und damit durchaus würdig, dafür nach einem Agenten oder einem Verlag zu suchen. Es begann ein 3jähriger Spießroutenlauf, der mich nicht nur psychisch sondern auch kreativ zermürbte. Schreiben war für mich jahrelang eine Selbstverständlichkeit gewesen. Der Besitz eines eigenen Schrankes, der einzig solchen Absagen vorbehalten ist, wirkte sich jedoch destruktiv aus. Nach über 30 Absagen von Agenturen, Verlagen, sogar Wettbewerben war ich überzeugt, dass ich nicht als Schriftsteller geeignet war. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich als „verkannte Genies“ feiern, oder nicht einsehen wollen, dass sie ihr Handwerk nicht beherrschen. Als Wissenschaftler muss man seine Theorien verifizieren und belegen. Wenn das Ergebnis nicht der Theorie entspricht, kann man nicht mit Biegen und Brechen seine Theorie verteidigen.

Außer man ist Politologe. Aber das gehört nicht hier hin.

 

An dem Tag, an dem ich mit dem Versand der „Tochter“ begann, schwor ich mir, nur bei einem „richtigen Verlag“ oder einer „richtigen Agentur“ unterkommen zu wollen. Von E-Books hielt ich damals noch nichts – auch wenn ich nie der Fraktion angehörte, die behauptete, dass sich dieses nie durchsetzen würde. Daher zögerte ich über ein Jahr, es per Amazon und E-Book (trotz anderer Vorsätze) zu versuchen, die Geschichte doch noch einem größeren Publikum näherzubringen.

Weil es diese Novelle verdient hat, bekannt zu werden – so wie alle Geschichten, die von Menschen handeln, die sich gegen das Unmögliche wehren, und dennoch standhaft bleiben.

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