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Ob Biden, Bill Gates, Rupert Murdoch, Warren Buffet, Michael Blomberg, Antonio Guterres, Wladimir Putin, Mario Draghi oder Papst Franziskus: die Welt ist weiterhin eine der alten Männer. In vielen Bereichen haben sich die Konstellationen in den letzten zwanzig Jahren kaum verändert. Elon Musk oder Mark Zuckerberg bleiben Ausnahmen. Die alten Griechen setzten einst die akm , also die Blüte eines Menschen, auf 40 Jahre fest die tonangebenden Eliten liegen im Durchschnitt deutlich darüber. Fast vergessen ist dagegen die Welle junger, als charismatisch und energisch geltender Staatsmänner, die von den Medien angepriesen wurden: Barack Obama galt als spleeniger Staatschef, der kanadische Premierminister Justin Trudeau stellte sich als gutaussehender Feminist dar, und Emanuel Macron wollte Frankreich wieder ganz „in Marsch“ bringen. Zufall, dass es sich auch bei diesen Extremen um Geschöpfe aus demselben Spektrum handelt, das nunmehr die Gerontokratie mit Senioren stürzen will?
Ein Paradebeispiel bietet das Schicksal des italienischen Premierministers Giuseppe Conte. In der langen Reihe der Regierungschefs Italiens war Conte verhältnismäßig jung. Doch ähnlich wie bei Trudeau und Macron verflog der Zauber mit den Jahren. Nicht nur der Regierungswechsel im Sommer 2019, sondern auch das Corona-Management und interne Auseinandersetzungen bereiteten seiner politischen Karriere ein vorzeitiges Ende. Die Italiener beriefen stattdessen den ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zum Nachfolger. In Zeiten der Not sollte die bewährte Hand eines erfahrenen Mannes mit internationalem Renommee Italien führen. Eine Reaktivierung, die an die Legende des römischen Staatsmannes Cincinnatus erinnert, der seinen Acker pflügte und sofort die Initiative ergriff, als ihn der Senat bei einer drohenden Invasion zum Diktator ernannte. In einer krisengeschüttelten Europäischen Union dürfte Draghi nicht die einzige cincinnatische Figur bleiben. Das Beispiels könnte insbesondere dort die Runde machen, wo die Loyalität zu Brüssel unsicher ist. Donald Tusk hat sich mittlerweile dazu bereit erklärt, im polnischen Wahljahr 2023 gegen das „Böse“ anzukämpfen. Wenn es um die Ideale der Jungen geht, müssen es die Alten richten.
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