Militärdiktaturen zeichnen Myanmar seit der Unabhängigkeit im Jahr 1948. Eine rigide Abschottungskultur bestimmt Politik wie Mentalität des einstigen Birmas. Der Vielvölkerstaat aus über 100 Volksgruppen drohte immer wieder aufgrund separatistischer Tendenzen ins Chaos zu stürzen. Die harte Hand des Militärs erwies sich als zweischneidiges Schwert: einerseits hielt es die Union mit Gewalt zusammen, andererseits feuerte seine zentralistische und illiberale Politik den Widerstand erst recht an. Dass das Militär nach der Öffnung Myanmars Anfang der 2010er Jahre als Schattenmacht bestehen blieb, war daher nicht anders möglich.
Erst 2016 gelang die Wahl eines Zivilisten zum Staatspräsidenten. Unter ihm wurde die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Regierungschefin, nachdem sie 30 Jahre lang für Demokratie in dem südostasiatischen Land gekämpft hatte. Von Anfang an befand sich Suu Kyi in der Zwickmühle zwischen Reformzwang und militärischer Vorbehalte. Kaum, dass Myanmar den Demokratisierungsprozess einleitete, verlor der Westen seine Sympathie für das Land. Statt die Zivilregierung zu unterstützen und damit die Macht des Militärs einzuhegen ließ der Westen keine Möglichkeit aus, Myanmar Vorhaltungen zu machen.
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