„Herr Professor Oberreuter, ein kurzer Rückblick in die Geschichte: Warum gibt es eigentlich eine CSU, aber nicht etwa eine BCSV in Baden-Württemberg oder eine CDUD in Berlin – dort gab es nämlich kurz nach dem Krieg auch durchaus christdemokratische Parteigründungen mit eigenem Profil?
Die Gründung der CSU erfolgte zeitgleich mit der Ausrufung des Freistaats Bayern in den historischen Landesgrenzen durch die amerikanische Militärregierung. Damit waren die Fundamente für die sich später ins Symbolische steigernde Patenschaft zwischen Partei und Land gelegt. Es wuchs ein programmatisches und organisatorisches, regionalgebundenes Identitätsgefühl. Dagegen entstanden in der CDU zunächst regionale Verbände in Ländern, die Retortenkonstruktionen der Besatzungsmächte gewesen sind, also nicht auf historische Identität zurückblicken konnten, sondern diese erst schaffen mussten. Für einen in tausendjährige Geschichte eingewebten Bayern ist es geradezu skurril, dass Bundespräsident Herzog 1996 in einer Festansprache dem Land Nordrhein-Westfalen zum 50. Bestehen gratulieren durfte. In der Konsequenz ist die CDU als bundesweit operierende schlagkräftige Organisation aus regionalen Wurzeln erst 1950 entstanden. Die Bayern jedoch haben ihre bestehende Eigenständigkeit wohlüberlegt und sinnvoll einfach fortgeführt.“