„Claudio Borghi weiß um die Problematik des Euro – und ist ein Befürworter der Rückkehr zur eigenen Währung. Auf seinem Profilbild prangt eine dicke Lira-Note. In einem Video lacht er, als er den Antrag der Grünen zu Eurobonds vorliest, welche die „Integrität“ der EU retten soll. „Ich soll also für die Eurobonds stimmen, um die ‚Integrität‘ der Währungsunion zu wahren?“ Borghi kann sich kaum halten, als es in dem Antrag darum geht, dass die Eurobonds auf dem Fundament des EU-Budgets stehen sollen. „Das EU-Budget? Ich erinnere euch nur noch einmal kurz daran, wie das EU-Budget funktioniert: Das EU-Budget ist das Ding, wo ihr zehn Euro reintut, und dann 5 Euro wieder rausbekommt.“ Im selben gut gelaunten Plauderton ruft er noch einmal in Erinnerung, dass die Grünen die Partei von Carola Rackete seien, man also sowieso am besten dagegen stimmen sollte. Der böse Italiener ist in Wirklichkeit ein Mann mit Wirtschafts- und Finanzideen, die man nördlich der Alpen vielfach teilen würde – wüsste man nur davon.
Im Klartext: Die Lega steht auf dem Standpunkt, dass die Eurobonds nicht ohne neue Steuern zu finanzieren sind, möglicherweise auch mit EU-Steuern, um ein EU-Budget zu finanzieren. Daher die Borghi-Gleichsetzung: Eurobonds gleich Eurotaxes. Die Lega hat deshalb – zusammen mit Silvio Berlusconis Forza Italia – gegen Eurobonds im EU-Parlament gestimmt. Dagegen stimmte der linke Partito Democratico (PD) als Regierungspartei für die Eurobonds, während der Koalitionspartner von den Fünf Sternen (M5S) sich in der Debatte darüber selbst zerfleischte. Kritik musste sich die Lega vom Bündnispartner im rechten Lager gefallen lassen: Die Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni stimmten ebenfalls für die Bonds.
Anders als in Deutschland dargestellt, ist der Streit um ESM und Corona- bzw. Eurobonds in Italien weitaus komplexer und differenzierter als suggeriert.“