Offene Kirchen mit Messen an Ostern? Was zum Zerwürfnis in Kirchengemeinden nördlich und südlich der Alpen führt, lanciert Lega-Chef Matteo Salvini in diesen Tagen medial. „Wir nähern uns den heiligen Ostertagen und es braucht den Schutz des Unbefleckten Herzens Mariä“, sagt er gegenüber Sky TG24 im Interview. „Ich unterstütze die Anfragen derjenigen, die darum bitten, in geordneter, gesitteter und gesundheitstechnisch sicherer Weise eine Kirche betreten zu dürfen, um an Ostern zu dritt, zu viert oder zu fünft an einer Messe teilzunehmen.“
Die Reaktionen folgen prompt. Showmaster Rosario Fiorello greift Salvini auf Twitter an, hält den Aufruf für einen Fehler. „Wenn du gläubig bist, dann kommt Gott nicht zu dir, und sagt, daß du in die Kirche kommen mußt; du kannst im Bad beten, in der Küche, im Wohnzimmer, irgendwo, es gibt keinen Grund, dich fein anzuziehen und in die Kirche zu setzen, weil Ostern ist.“ Der Bürgermeister von Mailand, Beppe Sala, ruft Salvini dazu auf, sich doch an die Regionen Lombardei und Venetien zu wenden, um ein Dekret zu verabschieden. „In diesem Moment denke ich, daß der Glauben eine persönliche und private Sache sein muß.“
Salvinis Vorstoß bringt ihm das, was er dringend braucht: mediale Aufmerksamkeit. Krisenzeiten sind für die Opposition eine Durstrecke. Die Lega hat in den letzten Umfragen immer wieder nachgegeben. Doch der Fall liegt brisanter. Denn die Lega ist keine reine Oppositionspartei, sie stellt in den Krisenherden den Ministerpräsidenten. So ist Salas Spitze zu verstehen: Bevor Salvini große Töne spuckt, soll er sich an seine Kollegen wenden.
Nicht nur in Italien, auch in Deutschland wird mittlerweile die Legende gestrickt, es sei die Schuld von Salvinis „dummen Leghisti“ (so n-tv), daß das Gesundheitssystem in den Regionen zusammengestrichen wurde und nun versagt. Die parteipolitische Instrumentalisierung einer Epidemie ist kein neues Stück in der italienischen Corona-Krise, jedoch von einer neuen Qualität.