Drum prüfe, wer sich ewig bondet

5. April 2020
Kategorie: Europa | Freiheit | Historisches | Italianità und Deutschtum | Linkverweis | Tichys Einblick

Mit jedem Tag, der verstreicht, erfährt die Corona-Krise einen Bedeutungswandel. Aus einer Pandemie wird die Chiffre für eine bevorstehende Rezession – oder sogar Depression. Clemens Fuest, der Chef des Ifo-Instituts, sprach bereits von Ausfalldimensionen, die man aus der Geschichte der Europäischen Union nicht kenne. Vor seinem Suizid betonte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer in seiner letzten Rede vor dem Landtag, dass die bevorstehende „Jahrhundertaufgabe“ auch noch von Folgegenerationen bewältigt werden müsse. Sie sei „restlos unvergleichbar“ mit der letzten Finanzkrise. Milliardensummen im dreistelligen Bereich könnten die großen EU-Länder in die Knie zwingen. Das betrifft besonders Länder wie Italien und Spanien, deren „lockdown“ nicht nur länger andauert, sondern auch umfassender ist als der im föderalen Deutschland mit Sonderregelungen und Schlupflöchern.

Im Gegensatz zu Griechenland handelt es sich bei Italien sowohl volkswirtschaftlich, als auch hinsichtlich seiner Staatsschulden um ein Schwergewicht. Ministerpräsident Giuseppe Conte wendet sich in einem ARD-Interview an die Deutschen, italienische Bürgermeister werben in der FAZ für Corona-Bonds. In Italiens wichtigstem Wirtschaftsblatt, der Tageszeitung Il Sole 24 Ore, hat nunmehr Giorgio La Malfa eine Debatte um die Bonds angestoßen. La Malfa war von 1989 bis 1999 Abgeordneter im EU-Parlament und warnte bereits im Jahr 2000 vor dem Euro als Risiko. Der Keynesianer verortete das Wurzelübel darin, dass der Euro eine Währung ohne politische Deckung habe; die Europäische Zentralbank existiere ohne europäischen Staat. An diesem Konflikt könnten Euro und EU scheitern, so nicht auch die politische Einigung folge.

Vor diesem Hintergrund ist auch La Malfas jetzige Position zu verstehen. In seinem Beitrag verweist der Sohn des einstigen italienischen Finanzministers Ugo La Malfa insbesondere auf die politischen Implikationen. Das Coronavirus trete in einer Phase auf, in welcher der weltweite Freihandel zurückgehe. „Nicht nur die Globalisierung wird haltmachen, sondern auch eine Wende hin zur Selbstversorgung wird entstehen“ analysiert La Malfa. Der neue Protektionismus falle in ökonomischer, handelstechnischer und finanzieller Sicht auf, begleitet von einer „aggressiveren Handelspolitik.“ La Malfa macht das für die Vereinigten Staaten, aber besonders für China fest. „Der [chinesische] Markt wird nicht nur – wie bereits jetzt – größtenteils unzugänglich bleiben, sondern [China] wird auch seine Bemühungen vergrößern, seine Produkte und Technologien zu exportieren.“

Europa könnte in dieser Situation unter die Räder kommen: Amerikaner und Chinesen schotteten sich gegenseitig ab und entdeckten den Alten Kontinent als Spielfläche, der nach La Malfas Worten „keine ausreichende Geschlossenheit und korrespondierende wirtschaftliche Kraft hat“.

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