Italo und der Teufel

27. August 2019
Kategorie: Caravaggioduft | Europa | Hintergrund und Schreibarbeit | Ich bin Guelfe, ich kann nicht anders | Ironie | Italianità und Deutschtum | Mittelalter | Philosophisches

Sam richtete ihren nachdenklichen Blick auf den halbleeren Teller.
»Menschen wie Sie müssen den Glauben an Gott verloren haben…«
»Menschen wie ich«, betonte Italo, »müssen an Gott und die Heiligen glauben. Das Abscheuliche kann nicht ohne das Wunderbare existieren.«
Sie hob wieder den Kopf an. Das Gespräch ging in eine eigenartige Richtung.
»Sie sprechen vom Teufel«, verstand Sam.
»Für Sie ein unvorstellbarer Gedanke, natürlich.«
»Ich glaube weder an das eine, noch an das andere.«
»Dann nehmen Sie sich vor dem Satan in Acht. Sein größter Trug besteht darin, die Welt glauben zu lassen, dass es ihn nicht gibt«, war Italo überzeugt. »Deshalb war er in keinem Jahrhundert präsenter als in diesem.«
»Wie können sie so gebildet und gleichzeitig so irrational sein?«
»Gegenfrage: sind Sie sicher, dass ihr Glaube an den menschlichen Verstand nicht zuletzt auch nur ein Glaube unter vielen ist?«
Sam war baff. Er stellte Selbstverständlichkeiten infrage. Es war ein unumstößliches Grundkonzept, dass die Vernunft besser war als die Unvernunft. Das erklärte sich von selbst. Jeder, der eine normale Schulbildung durchgemacht hatte, wusste das. Alles andere wäre ein Rückschritt ins Mittelalter.
»Sie kommen aus einer Welt der Unvernunft.«
»Sehr gut beobachtet.«
Sam hatte vorwurfsvoll klingen wollen – aber Italo hatte es nicht als Provokation, sondern als ihre nüchterne Auffassungsgabe gewertet. Womöglich hätte er es selbst nicht besser ausdrücken können.
Er nahm keinerlei Anstoß an dieser Wertung. Italo schätzte es als Kompliment ein.

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