Was für eine Bürde die Freiheit ist, sieht man manchmal an einem simplen Einkauf.
Während der geneigte Löwe nur in den Supermarkt geht, um sich eine Flasche Saft zu kaufen, raisoniert ein jugendliches Paar über die Vor- und Nachteile dieses oder jenes Saftes. Es fallen auch nicht die Geschmacksrichtungen, es bleibt beim „orangen“ oder „pinken“ Produkt. Wie der eine war, wie der andere.
Auffällig dabei, dass nur die junge Frau spricht, dabei in einem äußerst langsamen Duktus, als handele es sich hier um eine Entscheidung beim Möbelkauf. Er hingegen vom Typus des gelangweilten Begleiters ohne Ahnung – belässt es immer wieder nur beim einfältigen „hm“ und „ja, schon“. Es stößt die ärgerliche Angewohnheit hinzu, zwischendurch eine Pause einzulegen, sodass bei Dritten die Hoffnung geweckt wird, die beiden könnten das Unternehmen ganz abblasen und endlich das Regal räumen. Von wegen. Man kehrt wieder zum Argument zurück, dass der „pinke“ Saft ja ganz gut gewesen wäre. Oder auch nicht.
Die anderen Personen, die dahinter stehen, bemerkt das Pärchen nicht. In dieser Welt gibt es nur noch die – immer noch äußerst behäbige – Entscheidung um den Saft. Maracuja. Womöglich.
Es ist ein Vorzeigefall, warum Pöbelherrschaft in diesem Land nicht funktioniert und der liberale Traum einer bleibt. Geschöpfe, die bereits am Saftregal überfordert sind, werden nicht einsehen, warum man eine andere Kanzlerin bräuchte. In mancher kleinen Welt könnten tiefschürfende Gespräche über Asylpolitik und Eurokrise für Unwohlsein oder – häufiger – Unverständnis führen. Wenn jemand irgendwie entscheidet, weil man es selbst nicht kann, wird dies gerne akzeptiert.
Einige finden es gut, wenn jemand anderes den Saft aussucht.