Hans Neusiedler war ein deutscher Lautenist ungarischer Herkunft; geboren in Pressburg, zog er 1530 nach Nürnberg, wo er sich niederließ. Dass der Rat der Stadt ihm ein Haus zur Verfügung stellte und er bald das Bürgerrecht erwarb, lässt darauf schließen, dass Neusiedler wohl weniger zum mittellosen, fahrenden Volk gehörte, sondern vielmehr ein sehr erfolgreicher Komponist war, der überdies in den Folgejahre mehrere Musikbücher drucken ließ. Das bekannteste Stück, dass Neusiedler der Nachwelt hinterließ, ist wohl zweifellos der „Gassenhauer“. In einfacher Gitarrenvariante bereits recht eingängig, gibt es auch weitergehende Interpretationen (hier für Mandoline und Perkussion).
Es lag dann an Carl Orff und Gunild Keetman, den Gassenhauer in den „Schulwerken“ neuerlich wiederzubeleben. 1952 erscheinen in „Musik für Kinder III“ vier Stücke für Xylophon, Castagnetten, Pauken und Schellen – darunter der „Gassenhauer nach Hans Neusiedler 1536“.
Inspiriert von der eingängigen wie melodiösen (und doch minimalistischen) Musik, erscheinen danach gleich mehrere Filme, die dieses Thema aufgreifen. So „Badlands“ von 1973:
Die bekannteste Interpretation und Variation des Orff’schen Xylophons bleibt dabei jene von Hans Zimmer. In „You’re so cool“ aus dem Tarantino-Streifen „True Romance“ gibt es eine ganz konkrete Anspielung – womöglich nicht zuletzt, weil Tarantino von „Badlands“ inspiriert wurde. Warum sollte es also bei der Filmmusik anders sein?
Die Variation auf die Interpretation der Interpretation. Geht es noch weiter? Nun ja, auch der Zimmer von 1993 – 40 Jahre nach Keetmann und 400 nach Neusiedler – ist nicht der von heute. So dröhnt dann also die Weiterentwicklung der Variation von True Romance, auf die Interpretation nach Keetmann, nach dem Original von Neusiedler – mit typischem Zimmer-Bass der 2000er.
Ob der ein Renaissance-Lautenist erahnt hätte, welche Karriere über die Jahrhunderte ein solches Stück nach sich gezogen hätte? So sieht wohl musikalische Kontinuität aus. Geschmacklos? Nun, ich habe mir sagen lassen, dass bereits einige Paare den Gassenhauer, respektive den Originaltrack aus „You’re so cool“ als „ihren“ Song pflegen. Das erscheint wiederum um einiges besser als so manch andere gehegte Schnulze.