Das Volk lebt und bewegt sich durch sein eigenes Leben

23. Januar 2017
Kategorie: Europa | Freiheit | Historisches | Ich bin Guelfe, ich kann nicht anders | Philosophisches

In seiner Enzyklika Benignitas et humanitas stellt Papst Pius XII. fest:

(8) Es ist klar, dass die Demokratie im weiten Sinne des Wortes verschiedene Formen zulässt und sich gleich gut in einer Monarchie wie in einer Republik verwirklichen kann. So erheben sich zwei Fragen, die Wir prüfen wollen:

(9) Welche Eigenschaften müssen die Menschen auszeichnen

1. die in einer Demokratie und unter einer demokratischen Regierung leben,

2. die die Macht in einer Demokratie ausüben?

(10) Seine Meinung sagen über die ihm auferlegten Pflichten und Opfer und nicht gezwungen sein zu gehorchen ohne gehört worden zu sein: das sind zwei Rechte des Bürgers, die in der Demokratie, wie schon ihr Name sagt, ihren Ausdruck finden. Aus der Festigkeit, Übereinstimmung und den Erfolgen dieser Berührung zwischen Bürgern und Regierung kann man erkennen, ob eine Demokratie gesund und im Gleichgewicht und wie stark ihre Lebenskraft und Entwicklungsfähigkeit ist. Wenn wir das Ausmaß und die Art der Opfer ansehen, die von allen Bürgern gefordert werden, erscheint die demokratische Form der Regierung in der Gegenwart, wo die Tätigkeit des Staates ein so großes Ausmaß und einen so entscheidenden Einfluss gewonnen hat, vielen als eine Forderung der Natur, die von der Vernunft selbst aufgestellt ist. Doch wenn man mehr Demokratie und eine, bessere Demokratie fordert, dann kann diese Forderung nur das Ziel haben, den Bürger immer mehr in die Lage zu versetzen, sich seine persönliche Meinung zu bilden, sie zu äußern und ihr entsprechend den Forderungen des allgemeinen Wohls Geltung zu verschaffen.

(11) Daraus ergibt sich eine erste notwendige Forderung mit ihren praktischen Folgerungen. Ein Staat umfasst und vereint nicht mechanisch auf einen gegebenen Raum eine formlose Anhäufung von Einzelwesen. In Wahrheit ist und muss er die organische und organisatorische Einheit eines wirklichen Volkes sein.

(12) Volk und formlose Menge oder, wie man gewöhnlich sagt, Masse, sind zwei verschiedene Begriffe. Das Volk lebt und bewegt sich durch sein eigenes Leben; die Masse ist an sich untätig, sie kann nur von außen her bewegt werden. Das Volk lebt aus der Fülle des Lebens der Menschen, aus denen es besteht und deren jeder einzelne an seinem Platze und auf seine Weise eine Persönlichkeit ist, die sich ihrer Verantwortung und ihrer Überzeugung, bewusst ist. Die Masse dagegen wartet auf den Anstoß von außen, ist ein williges Spielzeug in den Händen desjenigen, der ihre Instinkte oder Gefühle ausnutzt; sie folgt bereitwillig heute dieser Fahne, morgen jener. Das überströmende Leben eines wahren Volkes teilt sich verschwenderisch und reich dem Staat und allen seinen Organen mit, flößt ihnen dadurch eine immer wieder erneuerte Lebenskraft, das Bewusstsein ihrer Verantwortung und den wirklichen Sinn für das allgemeine Wohl ein. Der elementaren Gewalt der Masse kann sich der Staat selbst bedienen, wenn er sie geschickt leitet und benutzt. Wenn der Staat dem Ehrgeiz eines einzigen oder einiger Führer, die künstlich durch ihre egoistischen Leidenschaften geeint sind, unterworfen ist, dann kann es dahin kommen, dass er mit Unterstützung der Masse, die er nur noch eine Maschine sein lässt, dem besseren Teil des Volkes seine willkürlichen Beschlüsse aufzwingt. Dadurch wird das allgemeine Wohl schwer und nachhaltig verletzt, und diese Verwundung ist nicht leicht zu heilen. Hieraus ergibt sich klar eine weitere Folgerung: die Masse; so wie Wir sie definiert haben, ist der Hauptfeind der wahren Demokratie und ihres Ideales von Freiheit und Gleichheit.

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