Schließen Höflichkeit und Internet einander aus?

5. Oktober 2016
Kategorie: Alltägliche Gedankenstreifzüge | Dante | Ironie | Italianità und Deutschtum | Linkverweis | Medien | Persönliches | The Cathwalk

Bereits gestern erschien der auch bei den Traktaten vorhandene Artikel über „Höflichkeit im Internet“ auf dem Cathwalk. Man unterstellte mir ja jüngst aufgrund eines einzigen Beitrags von 500, mich in Verleumdungen und Bosheiten zu ergehen oder gar „Obsessionen“ zu pflegen; so als ob bereits die Ironie ein offener Angriff auf die Konvention geworden sei. Doppelt ironisch mutet es dann an, wenn ausgerechnet von mir dieser Artikel kommt. Man mag mir daher Heuchelei unterstellen – einzig, ich behaupte, dass ich auf diesem Diarium meine Kritik immer in Bahnen gelenkt habe, die, wenn sie hart war, zumindest hintersinnig oder sardonisch vorkommt, aber ohne beleidigend und verletzend zu sein. Zumindest nicht gewollt. Darin liegt im Übrigen der Gegensatz zur Verleumdung, denn die geschieht entgegen besseren Wissens. Dante hat seine Gegner in die Hölle gesetzt, die Novellisten des Rinascimento ihre Feinde zu Tieren herabgewürdigt, vom Narrenschiff will ich gar nicht anfangen; warum also der Löwe nicht spotten darf wie jene Charaktere, denen er sich mental so verbunden fühlt – ein offenes Geheimnis, dass mir im Herzen das 15. und 16. Jahrhundert näher liegen als das 21. – ist unklar.

Allein der Umstand, dass ich hier einen ganzen Absatz nur der Apologie wegen aufwende, dürfte zeigen, dass ich solcherlei Angriffe nur als Unterstellungen abhandeln kann. Warum im Übrigen Journalisten von Pack, Mob, 4. Reich oder anderen Hyperbeln oder tatsächlichen Beleidigungen schreiben dürfen, aber nicht der private Diarienschreiber, der in seiner Meinung auch noch sehr zurückhaltend ist, erschließt sich mir nicht. Womöglich sind einige Geister auch einfach nicht den italienischen Spott gewohnt.

Sei’s drum. Ich stehe nach wie vor zu diesem Artikel und glaube mir bis heute diesen Anstand bewahrt zu haben, den ich hier erwähne. Nun sind seit Abfassung des Traktats mehrere Monate vergangen; seitdem habe ich die eine oder andere Erfahrung mehr in den sozialen Netzwerken gesammelt. Leider, muss ich sagen, ist einiges auch schlimmer, als ich es vorher vermutete. Man glaubt gar nicht, was für weltfremde Personen sich im Netz aufhalten, einst dachte ich immer, die skurillsten Charaktere erfände ich selbst…

Nun denn. Hier geht es zum Artikel.

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