Wir leben in einer komplexen, schwierigen Welt – hört man allerorten. Diese Behauptung wird oftmals bei politischen Statements vorangestellt. Sie bleibt aber eine Behauptung, allein deswegen, weil sie insinuiert, die Welt wäre irgendwann weniger, oder gar nicht komplex gewesen. Sie ist aber heute oftmals notwendig zur eigenen Legitimation. Politiker und Journalisten, sowie Experten und Akteure der Bildungselite können dadurch, dass sie die Welt für „komplex“ oder „komplexer“ erklären, indirekt damit argumentieren, dass der Großteil der Menschen gar nicht zur Erkenntnis fähig wäre, und allein sie – aus irgendwelchen Motiven, die eigentlich vor allem daraus bestehen, dass sie an der Stelle stehen, an der sie gerade stehen – die richtige Antwort geben können.
Signalwörter aus deren Mündern sind daher auch oftmals „Aufklärung“, „Toleranz“ und „Differenzierung“, womit ich a priori diese Sachverhalte gar nicht kleinreden möchten; nur, genauso, wie „demokratische Parteien“ heute sich eben nicht dadurch auszeichnen, dass sie demokratisch sind, sondern vor allem, dass sie das bundesrepublikanische Machtkartell abbilden, haben eben auch diese Begriffe ihre eigentliche Bedeutung eingebüßt.
Ähnlich wirft man dem Gegner dann die Parolen von „Stammtisch“, „Wut“, „Hass“ und „einfachen Lösungen“ entgegen, um damit anzudeuten, dass „einfache Lösungen“ immer „unreflexierte Lösungen“ sein müssen. Ein kompliziertes Problem – so kommuniziert die Elite seit einigen Jahren mit dem Volk – kann nicht durch eine einfache Lösung aus der Welt geschafft werden. Seine höchste Ausformung findet dieser Gedankengang im Bonmot, dass es auf jedes Problem eine einfache, klare Antwort gebe, die falsch sei.
An dieser Umformung des philosophischen Gedankenganges erkennt man bereits die Bürokratisierung des Denkens. Denn üblicherweise gilt in der Philosophie – und damit auch in der Wissenschaft – immer die Theorie als bestechendste, die am einfachsten und nachvollziehbarsten ist. Diese Ansicht beherrschte die antike Logik wie auch das Mittelalter. Aristoteles war der Ansicht, die Natur wähle immer den einfachsten Weg. Und auch von Ockhams Rasiermesser dürfte manch einer gehört haben.
Wie so oft in diesen Tagen, in denen europaweit Gegenparteien, anderslautende Meinungen und neuartige Probleme uns herausfordern, lautet der Tenor immer wieder: für ein schwieriges Problem kann es keine einfache Lösung geben! Es ist demnach bereits prinzipiell ausgeschlossen, dass eine irgendwie geartete, einfache Lösung auch nur theoretisch irgendetwas lösen könnte, sie ist einfach undenkbar.
Mir dagegen kommt bei solchen Diskussionen nur ein Bild aus Schulzeiten in den Sinn.
Martin Altomonte (Hohenberg) – Alexander der Große durchtrennt den gordischen Knoten (1708)
Ramms. Problem gelöst.