Von einem Freund bekomme ich heute eine Mail mit dem Link zu diesem Artikel zugesandt: Ostern ist eine bessere Erzählung als der Untergang des Abendlands.
Nun könnte man sich ja denken, das in dieser Zeit eines Schlüsselsereignis eben jenes Kontinents, der auf römisch-griechischen und jüdisch-christlichen Wurzeln fußt, auch der Herr Autor eben darauf einginge. Der Hauptakteur des österlichen Geschehens, dessen Tod und Auferstehung das Abendland aber so geprägt hat, wie kein anderer, verkommt hier jedoch zum bloßen Stichtaggeber.
Ehrlich: wer glaubt, den bösen Extremisten von Links oder Rechts in die Flanke zu fahren, wenn er dem Untergang des Abendlandes ein Konzert der Rolling Stones entgegenstellt, das am Karfreitag stattfindet – der bestätigt sowohl die Kapitalismuskritik der Linken, als auch die Dekadenzkritik der Rechten eher damit, als sie zu entkräften.
Das Große, das Heilige, wird auf die Ebene des Spektakels gestellt; noch mehr: eingedenk des Leidens am Kreuz, dessentwegen es Tanzverbot und dergleichen gibt, mutet es geradezu völlig gedankenvergessen an, ausgerechnet das Rockkonzert als aufklärerische Parabel zu sehen. Spätestens da läuft wieder jeder Wunsch nach der „aufgeklärten Erzählung“ aus dem Ruder. Denn ich kann kaum den Ostermythos für meine eigene abendländische Apologetik zur Hilfe rufen, wenn ich offensichtlich keinerlei Ahnung davon habe, worum es bei Ostern geht und warum wir am Karfreitag bitte keine Konzerte veranstalten, außer, sie unterstützen den Leidcharakter des Tages.
Der Verfasser ist damit weder ein Verteidiger des Westens, noch der Aufklärung, noch des Abendlandes. Er zeigt eher sehr symptomatisch auf, warum das Abendland schwach ist. Wenn man sich bereits nicht der einfachsten Regeln und Bräuche der eigenen Kultur mehr bewusst ist, sondern sie im Sinne der westlichen Ideologie verqueren will, kann es mit der Abendländlichkeit mitnichten weit her sein.
Aber gut, zumindest bemüht sich Kramar um eine Aussöhnung von „Westen“ und Abendland. Was „hat sich redlich bemüht“ in Bayern heißt, muss ich nicht ausbreiten; aber er war vermutlich „guten Willens“. Insofern fällt meine Kritik zahmer aus.
Kann man über das Osterei-Cover bei der Presse noch geteilter Meinung sein, so erweist sich der Spiegel hier mal wieder als… gekonnt „demokratisch“. Demokratisch ist seit dem 13. März das neue Wort für „politisch korrekt“. Und zur politischen Korrektheit gehört der Relativismus, demnach alle Religionen gleich sind.
Das muss wohl die Spiegellogik sein, wenn man auf dem neuen Spiegel als Schlagzeile vom missbrauchten Glauben titeln kann – und das mit dem Gekreuzigten im Zentrum. Rechts davon Putin mit der orthodoxen Kirche, darüber ein richtig schlimmer Mensch mit einem Jesusbild, wiederum darüber der Satan Donald Trump. Wie letzterer damit zusammenhängt, muss man mir noch einmal genauer erklären: Papstzitat bezüglich Mauern und Christen? Messiasglaube an einen politischen Erlöser? Vertreter einer Weltreligion ist er jedenfalls nicht.
Ach, und bevor ich es vergesse: auf der Linken ein paar Leute vom IS. Also, keine gewöhnlichen Glaubensvertreter, sondern echte Fanatiker. Weil man wohl sonst keine fand. Ein Imam wird nicht gezeigt, wohl um zu unterstreichen, dass alle anderen Muslime friedlich sind (im Gegensatz zum radikalen Christen mit Jesusbild).
Es steht also 3:1 für die Christen beim missbrauchten Glauben. Und das eine Woche nach Brüssel, am Osterwochenende.
Da ist sie wieder. Die Mentalität der Schwäche. Wenn man am Freitag Rockkonzerte feiert, versteht man wohl unter Karsamstagsruhe vor allem: Ruhenlassen des Verstandes.