Ich lese nahezu täglich Theodreds Blog, heute allerdings möchte ich ganz dezidiert auf einen Beitrag hinweisen, da er letztendlich auch mich in mehrfacher Hinsicht betrifft. Theodred und ich sind in einer ähnlichen Situation; mit dem kleinen Unterschied, dass ich mich – trotz Abschluss und Profession – nicht als Akademiker ansehe. Schlicht, weil ich mich diesem Milieu nicht angehörig fühle. In meiner Familie gibt es niemanden, der eine höhere Schuldbildung, geschweige denn Hochschulabschluss hat. Selbst Realschule hat keiner besucht. Mein Vater hat mit 13 Jahren angefangen zu arbeiten, meine Mutter ging auf die Berufsschule.
Obwohl ich einen reichlich mondän-dekadenten Lebensstil fröne (manche behaupten, das imaginäre Weinglas klinge bei jedem meiner barocken Schreibschnörkel mit) bin ich in Bezug auf meine Herkunft bis heute recht uneinig, als was ich mich bezeichne. Man kann sich allerdings vorstellen, mit welchen Problemen ich ab und an zu kämpfen habe. Für mich haftet dem Akademikerdasein immer das Weltfremde, Elfenbeinturmhafte, Entrückte an. Klar, wer mich kennt, weiß, dass auch ich ab und an abwesende Momente habe. Dennoch ist allein mein Umfeld – familiär wie freundschaftlich – Grund dafür, dass ich weitaus praktisch-pragmatischer denke als weiland behauptet.
Zu Studienzeiten habe ich bereits mit dieser Welt arg gefremdelt, noch mehr mit Studenten meines Alters, die sich dieser völlig hingaben – und anfingen, alles nachzuplappern, was man dort erzählte. Ob Ideologien oder hanebüchener Unfug, oder Allgemeinplätze. Es ist verblüffend, dass irgendeine Person nur in gedrechselten Worten sprechen muss, und man dieses Geseiere dann für bahnbrechend hält, obwohl die Quintessenz oftmals rudimentär bleibt. Und zum Abschluss bekommt man dann von Kommilitonen Arroganz vorgeworfen, weil man eben keine neuen Erkenntnisse hat.
Meiner Ansicht nach bestehen gefühlte zwei Drittel eines jeden Studiums nur daraus, gewisse Fachtermini zu lernen, um sich dann von den Leuten abzuheben, die diesen Code nicht kennen. Man ist dann „Fachmann“, obwohl Menschen ohne diese Fachtermini vermutlich dieselben, oder gar bessere Analysen vorweisen könnten, ohne jemals eine Universität besucht zu haben. Derlei war mir übrigens bereits vor meiner Studienzeit bewusst; das Ausmaß dieses Scheins überwältigte mich dann doch. Auch, wie eher mittelmäßig begabte Kommilitonen sich plötzlich unglaublich wichtig vorkamen, wenn sie bestimmte Worte aussprachen.
Gewissermaßen ist damit Terry Pratchetts Unsichtbare Universität, das magische Institut der Scheibenwelt, wo Zauberer lernen und lehren, ein Vorbild. Das Universitätswesen hat viel mit Zauberei zu tun. Es geht nicht so sehr darum was man tut, sondern wie man die richtigen Worte für einen Zauberspruch formuliert. Erst dann funktioniert er. Ähnlich ist es bei Fachtermini. Die Außenstehenden staunen – oder schütteln mit dem Kopf, weil sie sehen, wie Rincewind eben ein weißes Kaninchen in den Zylinder gestopft hat.
Nach dieser kurzen Vorrede, in der ich meine allgemeine Abneigung gegen große Teile dieser Welt ausgesprochen habe – wobei ich auch erwähnen möchte, dass ich dort viele inspirierende Personen kennengelernt habe, von denen ich sogar einige auf diesem Diarium erwähnte – möchte ich nun explizit auf den Beitrag meines geschätzten Kollegen verweisen, der ansonsten alles über die Lage des Historikers in der Merkelrepublik zusammenfasst, was man zusammenfassen kann.
Allora, das Wort hat Theodred.