Machiavelli meint: Machtmonopol ist Auslegungssache

8. Januar 2016
Kategorie: FAZ-Kritik | Freiheit | Historisches | Machiavelli | Medien

Ich hätte in den Tagen des misslungenen Sabinerinnenraubes sicherlich vieles auf der Titelseite der von mir mit Liebesentzug gestraften FAZ vermutet, aber nicht das: da wird reichlich dünkelhaft von „selbsternannten“ Aufpassern gesprochen.*

Das Thema ist nicht neu für mich, nein, ich habe es in kleinem Kreis immer wieder angesprochen. Wenn man die eine Wange hinhält, und dann auch die andere blutig geschlagen worden ist, hat man schlicht keine Wangen mehr zum hinhalten. Ebenso verweise ich darauf, dass die Hospitaliter, die später mal Karriere als Johanniter und zuletzt als Malteser machten – also neben den Templern und den Deutschrittern zu den erfolgreichsten Kreuzritterorden gehörten – ursprünglich nur ein Hospital in Jerusalem betreuten, das Amalfitaner Kaufleute gegründet hatten. Da es aber im mehrheitlich muslimischen Jerusalem wohl auch dazumal schon mit der öffentlichen Sicherheit nicht weit her war, organisierte man Aufpasser. Später bewachten dieselben Aufpasser die Pilgerwege.

Es ist doch nur selbstverständlich, dass, wenn Kirchen von Anschlägen bedroht werden, man diese bewacht; und wenn die Polizisten es nicht vermögen, dann tun es Freiwillige – und ohne Bewaffnung wäre das reichlich lächerlich. Wiederkehrer der alten Kreuzritterordnungen hatte ich schon im Zuge von „Soumission“ postuliert; die Frage ist nur, wie diese erscheinen werden.

Bürgerwehren wie in den USA? Oh Schreck! Deutscher Michel, das ist ja Gewalt! Die Polizei sagt natürlich: wir sind hier nicht in Amerikanien, wo man Gated Communities hat, nein, alle Macht dem Staat! Klar, wir haben dieselben Probleme wie jenseits des Teichs (sowohl des atlantischen, wie auch des mittelmeerischen), sollen jetzt aber nicht dieselben Schutzmaßnahmen treffen weil… ja, warum eigentlich?

Ich gelte im Freundeskreis als nicht gerade populär für meine innere Überzeugung, dass die Abschaffung des persönlichen Waffenschutzes ein Grundfehler Alteuropas war. Zuerst einmal, weil man keine Diktatur bekämpfen kann, wenn man nur der Polizei vertraut. Das ist der Grund, warum es in der USA in erster Linie diesen Paragraphen gibt; dass er dazumal und heute auch rein praktische Gründe hat, weil man in den Unweiten Montanas bei Gewaltverbrechen nicht mal eben nach der Polizei rufen kann, ist selbstverständlich.

Persönlich wäre ich für die Wiedereinführung vorzugsweise barocker Degen am Schwertgürtel, weiß aber, dass dieser Vorschlag an Effizienzbedenken und geringer Popularität scheitern wird. Selbst, wenn man eine Erlaubnis dafür hätte.

Machiavelli hatte natürlich ebenfalls ein Wort anzumerken; denn nicht Hobbes, sondern bereits Machiavelli hatte die Gedanken des Machtmonopols zugrunde gelegt. Als Machiavellist reinsten Wassers mutet es freilich merkwürdig an, dass ausgerechnet der Löwe dieser Form widerspricht; aber das ist nur falsch gedacht. Machiavelli geht von einem starken Staat aus – ob nun als Republik oder Monarchie, da tun sich Discorsi und Principe wenig.

Allerdings ist das derzeit einfach nicht der Fall.

Wir haben ca. 250.000 Polizisten in Deutschland für 80 Millionen Einwohner. Dieses Jahr kamen 1 Million Einwanderer, hunderttausende davon nicht einmal registriert. Ich gehöre sicherlich nicht zu den optimistischsten Naturen: daher bitte, wie soll das funktionieren?

Wenn wir hinter das Gewaltmonopol des Staates zurückfallen, und damit hinter Machiavelli gehen, kommen wir zwangsläufig in feudale Zeiten. Machiavellis Staatstheorie ebnet den Gedanken des modernen Staates den Weg, wie wir ihn kennen; derzeit läuft es aber auf eine Partikularisierung der Gewalt hinaus, wie es in weiten Teilen der Geschichte der Normalfall war. Entweder man arrangiert sich, und zieht die Konsequenzen, indem wir uns wieder bewaffnen wie unsere Vorfahren und vielleicht nicht mit dem Degen, sondern mit der Schusswaffe in der Hand unsere Familien und unsere Habe schützen – oder wir hoffen auf das Phantom des staatlichen Machtmonopols.

Butter bei die Fische: Silvester war eine Probe. Der deutsche Staat hat auf ganzer Linie versagt. Sicherheit besteht aus Psychologie und Vertrauen. Wenn dies nicht mehr gilt, wird vielen Leuten aufgehen, dass sie nur von einer Idee der Sicherheit ausgingen, weil alles der Routine wegen funktionierte.

Nun aber haben über 1.000 Subjekte – nicht nur in Köln, sondern auf ganz Deutschland verteilt – mehr oder minder das System auf die Probe gestellt und dessen Wehrlosigkeit mit Geböller freudig gefeiert. Der deutsche Staat hat sich als Staat der Schafe entpuppt, der sich nicht gegen Wölfe zu wehren vermochte.

Es wäre daher nicht nur fahrlässig; nein, es ist verantwortungslos und ideologisch verblendet, nicht den Bürgern dieses Landes die Möglichkeit zu geben, ebenfalls Bürgerwehren zu ermöglichen, die im Zweifelsfall der Polizei helfend zur Seite stehen können. Karneval steht vor der Türe. Und auch Machiavelli wusste, dass, wenn ein Staat erst einmal in Chaos und Verwirrung gerät, die Abwärtsspirale kaum noch aufzuhalten ist.

Kraft zeugt Ruhe; Ruhe Trägheit; Trägheit Unordnung; Unordnung Zerrüttung.

Wollen wir dieses Risiko wirklich eingehen, weil man in der Administration unfähig ist, endlich einzusehen, dass wir nicht mehr in der Bundesrepublik der 80er Jahre leben?

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*Überraschend war dabei weniger für mich, dass es so einen Artikel gab, als dass er die Schlagzeile bildete. Man hätte ja doch – nun – sagen wir: drängendere Problematiken vermutet.

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