Ja, ich bekenne: ich liebe Zurück in die Zukunft (Back to the Future). Nur, weil man Beethoven verehrt und Dante schätzt, heißt das nicht, dass es auch viele andere inspirierende Einflüsse gilt. Und Michael J. Fox und Christopher Lloyd sind grandiose Menschen, vor und hinter der Leinwand. Außerdem: welcher Mann hätte nicht gerne einen Sportwagen, der fliegen und durch die Zeit reisen kann?
Zurück in die Zukunft ist also ein Kindheitstraum. Am heutigen Datum wäre Marty McFly alias Fox zusammen mit Doc „Christopher Lloyd“ Brown in der Zukunft angekommen, die nunmehr die Gegenwart darstellt. Was lag damals, in den späten 80ern, dieses Datum noch weit weg! Eine ganze Generation. Dennoch versuchte Drehbuchautor Bob Gale – seines Zeichens ein Schützling Steven Spielbergs – die Phantasie im Gegensatz zu anderen Sci-Fi-Filmen nicht zu überstrapazieren. Schließlich wusste der gute Mann, dass er das Jahr 2015 womöglich noch erleben würde.
Einige Trends hat BttF tatsächlich richtig vorausgesagt: Telefongespräche mit Video sind für jeden erschwinglich (Skype!), und auch wenn wir kein Fenstersehen haben, so kommen die Flachbildschirme dem verdächtig nahe; ebenso die Mosaikanwahl einzelner Programme. In den USA existieren bereits Sicherheitssysteme, welche die Haustüre nur per Fingerabdruck öffnen, so, wie es auch im zweiten Teil der Trilogie Gang und Gäbe ist. Nike und Pepsi ließen sich sogar direkt vom Film inspirieren: Schuhe mit automatisch schließenden Laschen und eine neue Sorte von Pepsiflaschen sind dem Vorbild direkt nachempfunden. Von 3-D-Filmen alla „Weißer Hai 19“ sind wir wohl auch nicht mehr weit entfernt.
Die schönsten Ideen, die den Zuschauer inspiriert haben, sind dagegen immer noch eine unerfüllte Prophezeiung. Zumindest hält sich die Anzahl fliegender Autos in deutlichen Grenzen. Nicht einmal ein Hoverboard – ein fliegendes Skateboard – ist uns gegönnt. Dafür lässt die damals bereits als grotesk empfundene Mode prinzipiell schon auf unsere Zeit schließen. Sie entspricht zwar nicht der in Teil 2 gezeigten, ist aber wenigstens genauso geschmacklos. Und wenn man bedenkt, wie einige Vertreter des Prekariats die eigenen Hosen tragen oder – in weiblicher Besetzung – kaum etwas tragen, erscheint Doc Browns Ermahnung „Und lass die Hosentaschen raushängen Marty! Alle Jungs in der Zukunft machen das!“ geradezu prüde.
Es wäre auch völlig verfehlt, Zurück in die Zukunft II überhaupt inquisitorisch an unserer Zeit zu messen; was man dagegen hervorragend an BttF studieren kann, ist das Bild der Zukunft in den 80ern. Persönlich glaube ich, dass es keine Filmreihe gibt, die das Lebensgefühl der 80er so stark konserviert und rüberbringt wie diese Trilogie. Daher ist auch das Jahr 2015 unweigerlich näher an der Denkweise der 80er dran. Man kann daher auch diese Filme als historische Quellen verwenden, will man etwas über diese Zeit erfahren – und vor allem, über die damalige Mentalität.
Da ist der Taugenichts, der mal Rockstar werden will, mit der hübschen Freundin und dem verschrobenen Kumpel. Auf der Schule bekommt er nichts hin, aber er zieht sein Ding durch. Er hat immer einen lockeren Spruch drauf, ohne dabei zynisch oder sarkastisch zu klingen. Die Filme sind oftmals offen selbstironisch und besitzen eine Spur guten Humors, der nicht zu sehr in Slapstick verfällt, sondern oft auch von Lloyds unglaublicher Grimassenfähigkeit lebt. Obwohl unsere Helden viele Defekte haben, sind sie grundlegend liebenswürdig und auf gewisse Art auch vorbildlich. Vor allem ist es auch die Story einer ungewöhnlichen Männerfreundschaft, von irren Situationen, dem Kampf gegen das Unrecht des Stärkeren und das Recht des Listigeren, sowie der Faszination für das Unmögliche.
Im Zelluloid lebt immer noch die positive Grundmentalität der 80er, eine Art Aufbruchsstimmung, wie sie seit der Reagan-Ära in den USA existiere und auch nach Westeuropa überschwappte. Zurück in die Zukunft ist optimistisch, heiter, manchmal kindisch – aber nicht stupide. Klar, man merkt den Filmen auch ihre beginnende Kommerzialisierung an (Pepsi, Nike, Texaco); doch verglichen mit der heutigen Situation kann man das kaum als Gegenargument aufstellen. Die Mischung aus so vielen Erfolgsrezepten machte die Filme vom ersten Teil an zum Kult und den DeLorean zur Ikone; ein Auto, das ansonsten wohl in völlige Vergessenheit geraten wäre. Bis heute gibt es verrückte, die so einen Wagen suchen und ihn dann 1:1 dem Film gemäß nachbauen. Auch der Humorist Joscha Sauer ist bekennender Fan und lässt alle Uhren in seinen Comics, auf 10:04 (der Uhrzeit, in welcher der Blitz in den Uhrenturm einschlägt) stehen.
Gerade den Menschen des Jahres 2015 täte etwas von diesem positiven Lebensgefühl der 80er gut. Auch, wenn in der heutigen Nacht wohl kein DeLorean am Himmel zu sehen sein wird.
Zum Abschluss: Filmmusik von Alan Silvestri.