Vermutlich kann man nirgendwo den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts und seine völlige Entfremdung vom Dasein besser studieren, als sonntags in einem Japanischen Garten.
Was mit Perfektion und Sinn von Menschen geschaffen wurde, um in Ruhe studiert und betrachtet zu werden, verkommt dann zum Abenteuerspielplatz; wo früher Ruhe und Besinnung Einzug hielten, herrscht Lärm und Wochenendrummel. Selbst das Wasserfallrauschen bleibt stumm für jene mit Kopfhörern im Ohr. Pagoden, die noch in buddhistischer Zeit in Tempeln standen, verkommen zur reinen Staffage.
Es strömen die Mengen in einen Miniaturpark, der nur für Einzelne gedacht war; der Andrang ist groß, weil jeder ihn sehen will. Im Rausch des Erlebenwollens verliert das Kunstwerk seine Bestimmung.
Denn nicht der Garten steht im Mittelpunkt, sondern die Besucher mit ihren Selfies, die Eltern, die ihren gelangweilten Kindern diesen unbedingt zeigen müssen – obwohl ich daran zweifle, dass die Älteren oder die Jüngeren etwas mit der Edo-Zeit anfangen können – und verkehren damit den Raum in sein komplettes Gegenteil um.
Von Einkehr und Einfügung in das Ganze bleibt eben nichts übrig, wenn das Individuum sich selbst als Krönung der Schöpfung sieht, und den Garten nicht als Kunstwerk begreift – sondern als netten Hintergrund, der später mal auf einem belanglosen Facebookfoto enden wird. Die Schönheit würdigt man zum reinen Instrument ab; auch sie ist kein Ziel mehr, nur noch Zeitvertreib und Lückenfüller.