[…]
Während der Gottesdienst in und vor der Canisius-Kirche stattfindet, breitet die Gruppe ein Plakat aus: „Gott segnet nicht die Sünde“. Es ist das Gegenprogramm zu der Veranstaltung, die per Mikrofon und Lautsprecher bis auf die gegenüberliegende Straßenseite schallt. Das gute Dutzend junger Erwachsener stimmt den Rosenkranz an, bittet Maria um die „Einheit der Kirche“.
Während auf der einen Seite das Ave Maria und das Gebet zum heiligen Erzengel Michael erklingt, predigt Korditschke gegenüber zu den Paaren. „Eure Liebe ist das Gegenteil von Sünde, ein Grund zum Feiern, ein Grund zur Freude“. Es müsse Schluss sein mit der „Heimlichkeit“, kein Licht dürfe unter den Scheffel gestellt werden. Die Gruppe betet im Angesicht der modernistischen Betonkirche das nächste Ave, während dissonante Harfentöne bei der Segenshandlung aus der Kirche tönen.
Es ergibt sich das bizarre Bild zweier rivalisierender Parallelkirchen. Die Gemeinde und Korditschke ignorieren die Aktion – mehrheitlich. Ältere Gottesdienstbesucher echauffieren sich über den „Hochmut“ der Gruppe, die sich anmaße, über Sünde urteilen zu wollen. Eine Frau sagt: „Ihr seid doch alle bescheuert.“ Einige jüngere Gottesdienstbesucher zeigen sich dagegen freundlicher.
[…]