Manchmal sind es nicht Entscheidungen, sondern Botschaften, die den Stein ins Rollen bringen. Gerüchte und Vorwürfe haben bereits historische Realitäten geschaffen. Verlautbarungen können größere Dramen verursachen als Gesetzesentschlüsse. Die deutsche Geschichte kennt mit Günter Schabowski einen Protagonisten dieses Phänomens.
Auf einer Pressekonferenz am 9. November 1989 schafften gestammelte Worte eine eigene Realität: die neuen Ausreiseregelungen für die DDR träten seiner Kenntnis nach „sofort, unverzüglich“ in Kraft.
Tatsächlich hatte die DDR-Führung eine solche Regelung beschlossen – allerdings erst für die Nacht und streng kontrolliert. Schabowskis „sofortige Grenzöffnung“ führte zum Sturm auf die Berliner Mauer. Die Geschehnisse hatten ein Eigenleben entwickelt – und waren nicht mehr kontrollierbar.
Freilich haben die Ereignisse des Jahres 1989 und des Jahres 2015 inhaltlich nur sehr wenig miteinander gemein. Doch das Phänomen fand seinen Widergänger: in einem Tweet des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Behörde teilte am 25. August mit: „#Dublin-Verfahren syrischer Staatsangehöriger werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns weitestgehend faktisch nicht weiter verfolgt.“