Der Sturz der sozialistischen Ikone aus Bolivien hat bisher eine breite Rezeption erfahren. Dass Deutschland schicksalhaft mit den Geschehnissen verquickt ist, liest man dagegen selten: ist doch die Energiewende mit ihrem Hunger nach Lithium – dem magischen Element, aus dem Batterien sind – auf Importe angewiesen. Ohne Lithium keine Autobatterie und die Träume von der elektrisierten Autofahrt nur Illusion. Dass der Umschwung auch geopolitische Gründe haben könnte, bzw. das Nicht-Verhindern durch den chinesischen Alliierten tiefere Gründe hat, ist nur eine These. Aber eine, die plausibel erscheint.
„Dass Nicolás Maduro sich als Präsident Venezuelas trotz Hungersnot und US-Drucks behaupten konnte, Morales dagegen eingebrochen ist, könnte dabei auch Gründe haben, die nicht nur in den Defiziten der südamerikanischen Staaten zu suchen sind. Russland legte in der Krise seine Hand über den venezolanischen Präsidenten. Überraschend: Bolivien und China pflegen ein inniges Verhältnis, doch Peking ließ Morales ohne Widerstand fallen.
Das rohstoffreiche Südamerika ist längst Ziel neokolonialer Ambitionen geworden. Kaum bekannt: für Deutschland hat Bolivien als Handelspartner eine enorme Bedeutung. Die hierzulande propagierte Energiewende samt Umstieg vom Verbrennungs- auf den Elektromotor ist ohne den Rohstoff Lithium nicht denkbar. Bolivien gilt als eines der größten Lithiumlager der Welt – und Deutschland hat zur Wende 2018/2019 China einen lukrativen Förderungsvertrag vor der Nase weggeschnappt.
Bald machte sich Unmut bei der Lokalbevölkerung breit. Der Vorwurf: die Deutschen und Morales‘ Leute stopften sich die Profite in die eigene Tasche und beuteten die Arbeiter aus. Ein gewaltiger Imageschaden für Morales, der einst angetreten war, um Unternehmen zu verstaatlichen und die ausländischen Kapitalisten vor die Tür zu setzen. Das hatte nicht nur Auswirkungen auf den Wahlkampf. Unter dem Druck der Proteste nach der Wahl kündigte Morales die Lithium-Verträge auf, in der Hoffnung, die Wut der einfachen Leute abzumildern. Genützt hat es ihm wenig.“