Mid-term

5. November 2018
Kategorie: Alltägliche Gedankenstreifzüge | Freiheit | Linkverweis | Machiavelli | Medien | Zum Tage

Sie werden in einem sehr bald eintretenden Zeitraum eine ganze Reihe von Meldungen hören, sollte Trump die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren; viele davon werden Sie natürlich kennen. Wieder einmal wird Trump – zum wiederholten Male innerhalb von zwei Jahren – am Ende sein; wieder einmal wird das Damokles-Schwert des Impeachement über ihm hängen; jetzt ist er am Ende, jetzt wenden sich seine Anhänger von ihm ab; jetzt hat er einen Denkzettel bekommen; Amerika wehrt sich („resist“) und viele andere Floskeln, die wir seit seiner Wahl immer wieder über uns ergehen lassen durften.

Dass nahezu kein Präsident es in den letzten Jahrzehnten geschafft hat, nach seiner Wahl das Repräsentantenhaus nicht zu verlieren, wird dabei keine Rolle spielen. Das letzte Mal ist das George W. Bush nur deshalb gelungen, da sich die USA nach dem 11. September in nationaler Geschlossenheit übten. Wie oft Merkel bei Landtagswahlen abgestraft wurde – schon Schröder durfte 2005 in NRW erleben, dass die regionalen Wahlen eben nicht immer mit Landespolitik zu tun haben – bis es nun endlich im Jahr 2021 (!) zum Rücktritt kommen wird … über diese lästigen Themen wird lieber geschwiegen.

Das aber soll alles nicht das Thema sein. Der Examiner hat eine interessante Liste der politischen Themen erstellt, bei denen Trump nicht nur „populistisch“ gepunktet, sondern bei denen er auch realiter geglänzt hat – vermutlich wie kein anderer US-Präsident in der jüngeren Geschichte. Natürlich kann man einwenden, ob diese alle direkt auf Trump zurückzuführen sind, aber sie deuten doch an, dass es zumindest wirtschaftlich keine Gründe dafür gibt, Trump in irgendeiner Weise „abzustrafen“. Und manche Reformen, die hierzulande nie besprochen wurden, haben natürlich einen Effekt auf die größte Volkswirtschaft des Westens.

Allein 4,2 Prozent Wirtschaftswachstum verzeichnen die USA im zweiten Quartal 2018, 3,5 Millionen Jobs sind seit Trumps Amtsübernahme entstanden, die Arbeitslosenrate liegt auf dem Niveau der 1960er Jahre. Insbesondere die Arbeitslosigkeit nicht-weißer Amerikaner fällt dabei verhältnismäßig gering aus, ebenso die bei diesen Gruppen verzeichnete durchschnittliche Armutsrate. Der Median amerikanischer Haushaltseinkommen ist auf den höchsten Wert seit der Rezession gestiegen. Laut Umfragen ist der Optimismus in den Branchen – besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen – besonders hoch.

Trumps deregulierende Maßnahmen, der Abbau der Bürokratie, Hilfen bei Unternehmensgründungen und ebenso die Steuersenkungen im Zuge der Steuerreform sind diesseits des Atlantiks kaum thematisiert worden. 60 Prozent der billionenschweren Entlastungen kommen Familien zugute. Millionen amerikanischer Arbeiter wurden entlastet.

Alte Handelsabkommen, die Trump als für die amerikanische Wirtschaft schädigend empfand, wurden mittlerweile aufgelöst und vorteilhaftere abgeschlossen, darunter auch protektionistische Maßnahmen die der US-Industrie und ihren Arbeitnehmern zugutekommen. Die illegale Einwanderung ist zurückgegangen. Als erster US-Präsident hat Trump einen historischen Gipfel mit dem nordkoreanischen Staatschef abgehalten. Die US-Botschaft wurde, obwohl vom Kongress schon seit den 1990ern verlangt, endlich nach Jerusalem verlegt. In Syrien hat Trump zielgerichtet reagiert, ohne in einen neuen Konflikt verwickelt zu werden.

Trump hat damit einen Großteil seiner Wahlversprechen eingehalten. Ironischerweise fehlt eines: nämlich die versprochene, große Mauer. Taktisch gesehen nicht die größte Lücke. Die Demokraten dürften sich lächerlich machen, würden sie deswegen dauernd auf Trump herumhacken; schließlich dürfte die „blue party“ dieses Versprechen noch weniger erfüllen.

Womöglich kommt es aber auch ganz anders, und die Presse wird neuerlich beklagen, was in den Vereinigten Staaten passiert sei. Schließlich dürfte Trump – ginge es nach den Umfragen vor der Wahl – gar nicht im Weißen Haus sitzen …

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