Tours und Poitiers

25. Oktober 2016
Kategorie: Europa | Freiheit | Gemälde und Fotographereyen | Historisches | Ich bin Guelfe, ich kann nicht anders | Mittelalter | Zum Tage

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Carl von Steuben: Bataille de Poitiers, en octobre 732 (1837)

Womöglich kennt der eine oder andere dieses Gemälde, welches an das heutige Jubiläum der Schlacht von Tours erinnert. Weniger bekannt ist wohl, dass Carl von Steuben heute als „französischer“ Künstler gilt, obwohl der Name anderes vermuten lässt.

Steuben stammte aus dem gleichnamigen Adelsgeschlecht, sein Vater war Offizier im württembergischen Heer. Die Bekanntschaften des Malers, den man vom Malstil wie auch den Sujets her eindeutig der Romantik zuordnen kann, sind verblüffend: 1788 geboren, machte er in Weimar mit der Zarentochter und späteren Kunstmäzenin Maria Pawlowna im Jahr 1802 Bekanntschaft, damals als junger Leibpage. Eben dort in Weimar lernte Steuben auch Friedrich Schiller kennen, der ihn in seinen künstlerischen Ambitionen befeuerte. Der Dichter setzte ein Empfehlungsschreiben für den jungen Maler auf, und zwar an seinen französischen Freund Francois Gérard. Im Atelier Gérards trieb sich ein anderer Prominenter herum, nämlich Alexander von Humboldt. Steuben, damals noch Kunststudent, portraitiert prompt den Naturforscher für dessen Bruder Wilhelm in Berlin. Alexander von Humboldt förderte daraufhin Steuben. Und als ob dies nicht die letzte Freundschaft von Rang und Namen gewesen wäre, machte er auch noch mit Eugène Delacroix Bekanntschaft.

Die kleine Anekdote am Rande sei erlaubt, denn sie lässt das Gemälde mit diesem Hintergrund in einem tieferen Licht erscheinen. Der Künstler war nicht nur Deutscher, er war eben auch Franzose; so, wie auch die Franken ein germanischer Stamm auf gallischem Boden waren. Das Thema ist ein ganz und gar europäisches, dazu freiheitliches, ruft man sich die Schiller’sche Bewandtnis in Erinnerung; und zuletzt schwingt doch immer wieder der romantisch-verklärende Gedanke des Abendlandes mit, einer, den Steuben in den Farben besser zu fassen vermochte, als manch ein Experte von heute, der die Schlacht von Tours und Poitiers nur noch als Fußnote behandeln möchte, als kleinen, unwichtigen Plünderungszug, dessen Bedeutung ganz und gar nichtig für die Weltgeschichte war.

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