Deshalb werden verworfen alle Ketzereien

6. Juni 2016
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In der Confessio Augustana, dem grundlegenden Bekenntnis der lutherischen Kirche, lesen wir in der Originalfassung des Textes von 1530 im Artikel I (von Gott) folgendes:

Erstlich wird einträchtig gelehrt und gehalten, laut des Beschlusses des nicaenischen Konzils, daß ein einziges göttliches Wesen sei, welches genannt wird
und wahrhaftig ist Gott, und sind doch drei Personen in demselben einen göttlichen Wesen, gleich gewaltig, gleich ewig, ohne Stück, ohne Ende, von unermeßlicher Macht, Weisheit und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Und durch das Wort Persona wird nicht verstanden ein Stück, nicht eine Eigenschaft in einem anderen, sondern es besteht selbst, wie denn die Väter in dieser Sache dies Wort gebraucht haben.

Deshalb werden verworfen alle Ketzereien, die diesem Artikel zuwider sind, wie die Manichäer, die zwei Götter gesetzt haben, einen bösen und einen guten, ebenso die Valentinianer, Arianer, Eunomianer, Mahometisten und alle dergleichen, auch Samosatener, alte und neue, die nur eine Person setzen und von diesen zweien, Wort
und heiligem Geist, Sophisterei machen und sagen, daß es nicht unterschiedene Personen sein müssen, sondern Wort bedeute leibliches Wort oder Stimme, und der heilige Geist sei eine erschaffene Regung in den Kreaturen.

Der eine oder andere weiß ja, dass der Löwe in einem anderen Verein tätig ist; aber sollte nicht jemand mal Frau Käßmann sagen, was so ihre eigene Konfession über den Umgang mit „Mahometisten“ lehrt? Anscheinend haben einige Protestanten einen besseren Riecher als ihre Pfarrer, obwohl für beide dieses Bekenntnis doch verbindlich sein müsste.

Ach, ich vergaß, oh Wunder! Auf der offiziellen Seite der EKD „fehlt“ ganz „zufällig“ die Erwähnung der Mahometisten. Man begnügt sich mit den schwammigen Irrlehren, statt diese genau zu nennen.*

Man beachte auch hier wieder einen Punkt, den ich früher erwähnte: der Islam wird in der Renaissance nicht als eigene Religion angesehen, sondern als christliche Ketzerei. Wer dagegenhalten möchte, dass „Ketzerei“ hier eine Form für jede andere Religion sein könnte, dem sei entgegengehalten, dass die Confessio hier die Juden nicht aufführt, obwohl diese auch kein Trinitätsverständnis besitzen.

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*Possierlich die Fußnote bei der Aussparung, ich zitiere: Hier werden wie an entsprechenden Stellen in den Artikeln 2, 5 ,8 ,9, 12, 16, 17 und 18 Beispiele von Irrlehren aus der Alten Kirche oder der Reformationszeit genannt, auf die sich die Verwerfungen beziehen. Diese Verurteilungen wollen das Evangelium vor Entstellungen bewahren, richten sich aber nicht gegen den persönlichen Glauben bestimmter Menschen.
C’est très drôle!

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