Der Barbier in der Unsichtbaren Stadt

20. Februar 2016
Kategorie: Esskultur | Italianità und Deutschtum | Musik

Am 20. Februar 1816 erfolgte die Uraufführung von Gioachino Rossinis bekanntester Oper, und damit – neben Wilhelm Tell – die des wohl berühmtesten Stückes des italienischen Meisters, welches bis heute noch in der Populärkultur nachwirkt. Freilich: schon damals galt die Musik Rossinis als „Popkultur“. Beethoven soll sich nicht selten gegrämt haben, dass der junge Italiener dem alten Bonner die Bühne stahl, weil selbst in Wien jeder nur noch Rossinis Melodien hören wollte. Dabei hatte es auch Rossini nicht einfach. Die Uraufführung des „Barbiere“ fiel beim römischen Publikum durch, es bedurfte eines zweiten Versuchs, bis diese Anklang fand. Rossini war zu dem Zeitpunkt gerade einmal 21 Jahre alt.

Nicht verwunderlich, dass seine Musik immer frisch, fröhlich und juvenil anmutet; nur wenige wissen, dass dieser elanvolle Komponist sich in seinen späteren Lebensjahren fast vollständig zurückzog und kirchliche Kantaten komponierte. Vielleicht bekam der Erfolg Rossini nicht, vielleicht war ihm der Trubel um seine Person zu viel; denn Rossini war in seiner Zeit eben ein echter Popstar, seine Musik galt als Droge. In seinem Arbeitseifer schrieb er zwischen 1813 und 1829 39 (!) Opern, deren Ouvertüren bis heute zum Standartrepertoire gehören. Den „Barbier“ soll er angeblich in nur zwei Wochen geschrieben haben, die Ouvertüre über Nacht.

Rossini bekam Zuwendungen von Königshäusern, erstritt sich nach der französischen Julirevolution eine saftige Pension und hatte bei Lebensende ein Vermögen angehäuft. Die Körperfülle Rossinis war stets Ausweis seines Lebensstils, den er mit seinen reichlichen Tantiemen finanzierte. Rossini war dabei nicht nur ein Gourmet, er soll auch selbst ein guter Koch gewesen sein. Bis zu seinem Lebensende ließ er sich seine italienischen Spezialitäten – Balsamessig, Olivenöl, gefüllte Schweinefüße, Salami, Mortadella, Mozzarella – nach Paris anliefern. Stücke wie „Die Radieschen“, „Die Gewürzgurken“, „Die Rosinen“ oder „Butter“ drücken musikalisch das aus, was Rossini öffentlich so äußerte:

Ich gebe zu, dreimal in meinem Leben geweint zu haben: als meine erste Oper durchfiel, als ich Paganini die Violine spielen hörte und als bei einem Bootspicknick ein getrüffelter Truthahn über Bord fiel.

Nach diesen wenigen Worten zu Rossini selbst, der mir gerade aufgrund dieser kulinarischen Seite sehr sympathisch ist, zurück zum Barbiere. Die obligatorische Ouvertüre ist schnell verlinkt. Über die beste Version des berühmten „Largo al factotum“ kann man sich streiten. Persönlich favorisiere ich die von Hermann Prey. Ich mag einfach den Stil, den Auftritt und den Charme dieses Mannes, einhergehend mit einer sehr guten Inszenierung.

Nach diesem großen Rossini-Jubiläum allerdings auch der Hinweis auf die Unsichtbare Stadt Kitesch, die am 20. Februar 1907 an der Sankt Petersburger Hofoper ihre Uraufführung fand. Rimsky-Korsakows vielschichtiger Farbenreichtum musikalischer Sprache und die typische russische Schule sind hier so lebendig wie eh und je. Im Gegensatz zum fröhlich-feurigen Italiener hier der russische Mystizismus, Dunkelheit und das Verborgene; abwechselnd mit dem festlichen, beinahe orientalischem Karacho, der an Scheherazade erinnert. Eine wunderbare Suite.

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