Das Drehbuch, an dem ich nicht schreibe (IX)

31. Januar 2014
Kategorie: Das Drehbuch, an dem ich nicht schreibe

SZENE IX

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

Ein geschmackvoller Saal der Renaissance mit großen Fenstern und Möbeln aus Nussbaumholz. Tiberio nähert sich einem Arbeitstisch am anderen Ende des Raumes, wo der Leichnam des Dogen SCIPIONE BUONAVISTA (67) liegt. Hinter Tiberio stehen in einem Halbkreis Salim, Mangiafrancesi, Annibale, sowie zwei weitere Würdenträger. Der eine ist der 2. Dogenberater, TOMMASO MASCARPONE (69), ein ehrenhafter, gütiger Mann von nobler Gestalt. Der andere ist TADDEO ROCCOLO (27), ein junger Advokat und überzeugter Parteigänger der Braccioleone-Familie.
Tiberio beugt sich zum Toten nieder. Er betrachtet diesen, hebt dann den Kopf an. Dort steht auf dem Tisch ein Becher Wein. Braccioleone hebt diesen an, riecht an der Kante. Er verzieht eine bittere Miene. Er wirft einen Blick zur Seite, wo Prestobiscotto leicht nickt, so, als bestätigte er den Gedanken des Dogenberaters.

 

AMILCARE (OFF):
Das Alter…

 

TIBERIO:
(raunt misstrauisch zu sich selbst)
Gift.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE: … fordert seinen Tribut. Aber wie man so schön sagt: Der Doge ist tot – aber nicht die Serenissima.

 

RAFFAELE:
Ich bin fasziniert über Euer Wissen. Noch faszinierter wäre ich allerdings ob Eurer Quelle.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

Tiberio senkt den Becher. Er schaut zu Prestobiscotto. Mit einer Geste an seinem Mund – die an einen sich schließenden Reißverschluss erinnert – deutet er dem Sekretär an, dieses Geheimnis für sich zu behalten. Anscheinend haben nur diese beiden mitbekommen, was wirklich geschehen ist.
Tiberio erhebt sich, wendet sich an die übrigen Personen.

 

TIBERIO:
Wann hat man Seine Exzellenz aufgefunden?

 

TOMMASO:
Vor zwei Stunden.

 

AUSSEN. BÄCKEREI – TAG

 

Lidia zerreißt das Plakat in tausend Fetzen.

LIDIA:
(tobend vor Wut)
Bei der Heiligen Badelatsche des San Paolino! Was wagt es dieser Frosch, mir meine Kundschaft abspenstig zu machen!?

 

AUSSEN. AUF DEM RIO – TAG

Ottavio sieht sich gezwungen, Valentina eine Goldmünze zu reichen, kann seinen Groll aber nicht verhehlen.

 

OTTAVIO:
(rasend)
Da, nehmt, Ihr Tochter eines Osmanen! Gierschlund einer Genuesin! Und jetzt fahrt mich gefälligst zum Foscari, aber dalli!

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
(gereizt, aber leise)
Verdammt.

 

MANGIAFRANCESI:
Ser?

 

TIBERIO:
Wenn es vor zwei Stunden geschehen ist, dann weiß es Monte Veronese längst.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

Amilcare schüttet sich Wein aus einer Karaffe nach.

 

AMILCARE:
Wie Ihr wisst, ist der 4. Dogenberater, Monte Veronese, ein Freund von mir.

 

RAFFAELE:
Der Vorsteher von San Paolo. Steht dem Ressort für Sicherheit vor.

 

AMILCARE:
Exakt.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
Und wenn Monte Veronese davon weiß, dann hat er dell’Ulivo benachrichtigt.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

Raffaele hebt beide Augenbrauen, schaut zu Amilcare, der sich einen Schluck Wein gönnt.

 

RAFFAELE:
Ihr wollt Euch zur Dogenwahl aufstellen?

 

Amilcare schmatzt den Weingeschmack auf den Lippen nach.

 

AMILCARE:
Oh nein. Die Wahl zum Dogen sollte einem Dogenberater vorbehalten sein.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
Und während wir hier stehen, wird Amilcare dell’Ulivo bereits alle Ghibellinen und Verbündeten zusammengetrommelt haben, um dafür zu sorgen, dass jemand Buonavistas Klientelpolitik fortsetzt.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

RAFFAELE:
Der einzige Ghibelline, der zugleich Dogenberater ist – ist Monte Veronese selbst.

 

Amilcare reibt sich am Bart.

 

AMILCARE:
Eure Gedankengänge gefallen mir, sie haben so etwas… Intelligentes.

 

RAFFAELE:
Monte Veronese ist ein extremer Ghibelline, wie es schon Buonavista war. Wie kann ich da sicher sein, dass sich etwas ändert?

 

AMILCARE:
Verehrtester di Tesino – es hat sich doch schon etwas geändert.

 

Amilcare deutet auf das Schachbrett.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

ASDRUBALE:
Ohne Dogen wird Palatina nun vom Kollegium der vier Dogenberater regiert.

 

TIBERIO:
(spöttisch)
Kollegen.

 

Mascarpone räuspert sich.

 

TIBERIO:
Mascarpone, Ihr seid kein Kollege. Ihr seid ein Freund. Dazu der beste, den man ohne Geld kaufen kann.

 

Tommaso ist sichtlich geschmeichelt. Erst nach einigen Sekunden hält er ein, und macht ein Gesicht, als müsste er den letzten Satz genauer überdenken.

 

TIBERIO:
Kollegen dagegen sind widerwärtige Personalien, mit denen man notgedrungen zusammenarbeiten muss.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

RAFFAELE:
Da wir wohl notgedrungen zusammenarbeiten werden, hätte ich gerne eine genauere Erklärung.

 

AUSSEN. AUF DEM RIO – TAG

Valentina betrachtet die Goldmünze in der Sonne, wendet sie hin und her.

 

VALENTINA:
(lächelnd)
Grazie mille, Signore Dandolo. Gerne bringe ich Euch zum Foscari.

 

Ottavio grummelt.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
Obwohl man die im sonstigen Leben nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würde.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

Amilcare pickt mit den Fingern nach einem weißen Turm, wie in einem Pinzettengriff.

 

AMILCARE:
Ein Platz ist frei geworden. Wenn Monte Veronese Doge wird…

 

Amilcare räumt den weißen König vom Brett, stellt den weißen Turm dort auf.

 

AMILCARE:
… hat San Paolo keinen Vorsteher mehr.

 

RAFFAELE:
Ihr wollt Dogenberater der Sicherheit werden? Hat Euer Bruder mit der Presse nicht bereits genug Einfluss in der Öffentlichkeit?

 

AMILCARE:
Was kann schon Schlimmes passieren, wenn Medien, Geheimdienst und Polizei zusammenarbeiten?

 

RAFFAELE:
(hebt die Augenbraue)
Staatliche Propaganda, Desinformation und Willkürherrschaft – beispielsweise?

 

Amilcare lässt seine Hand über die Mitte des Schachbretts kreisen, wo immer noch die weiße Dame auf schwarzem Feld steht.

 

AMILCARE:
Ich halte mich ungern im Hintergrund auf. Seid versichert, ich bleibe immer sichtbar im Zentrum.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

Tiberio macht eine kreisende Bewegung mit der Hand in der Luft.

 

TIBERIO:
Seit 30 Jahren kreist in dieser Republik alles um die Ghibellinen! Unser Land ist ein Raub der Buonavista und ihrer Clique geworden.

 

TOMMASO:
Braccioleone, dem Dogenberater der Città Antica obliegt es, den Übergang zum nächsten Dogen vorzubereiten. Er soll in dieser Situation die Rolle des Gleichen unter Gleichen einnehmen – und nicht in den Wahlkampf eingreifen!

 

TIBERIO:
Und genau das ist es, worauf die Ghibellinen damals spekulierten, als man mich zähneknirschend in das Kollegium aufnahm.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

RAFFAELE:
Ich mag mich täuschen, aber ist eine Dame nicht mehr wert als ein Turm?

 

AMILCARE:
Das Amt des Dogen hat viel zu viel Macht in unserem Staat. Mir schwebt eine Neuverteilung von Kompetenzen vor.

 

RAFFAELE:
In Richtung der Dogenberater?

 

AMILCARE:
In Richtung der Familien. Familien, die nicht zu den Zwölf gehören. Familien wie die Eure, von edlem Blut, die aus dem Ausland zugezogen sind.

 

Amilcare verleiht den letzten Worten Dramatik.

 

AMILCARE:
Verfolgt von den Schrecken des Krieges.

 

RAFFAELE:
Ihr wollt, dass ich meine Kontakte zu den anderen Exilanten spielen lasse?

 

AMILCARE:
Und im Ausland.

 

RAFFAELE:
Ich habe mir nicht jahrelang ein Beziehungsnetz aufgebaut, um dies nun in den Rachen einer politischen Partei zu werfen – sondern, um mein Gut zurückzuerlangen, das rechtmäßig mir gehört!

 

AMILCARE:
Muss das eine denn das andere ausschließen? Zwielicht, Signore di Tesino!

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
Die Ghibellinen waren niemals verletzlicher als jetzt. Das ist die Stunde der Guelfen, um zurückzuschlagen.

 

TADDEO:
Dogenberater Pecorino wird ebenfalls auf das Dogenamt spekulieren, Consigliere. Wenn Ihr Euch zur Wahl stellt, werdet Ihr das guelfische Lager spalten.

 

TIBERIO:
(höhnisch)
Wollt Ihr etwa einen Münzenzähler wie Pecorino in Zeiten des Krieges? Das hat doch schon bei seinem Vater nicht geklappt.

 

ASDRUBALE:
Ser, der 1. Dogenberater soll in dieser Situation neutral bleiben. Ihr brecht die Verfassung!

 

TIBERIO:
Palatina kennt keine Verfassung – sondern nur Familien.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

Raffaele stellt seinen Weinkelch neben das Schachbrett. Demonstrativ verschränkt er die Arme.

 

RAFFAELE:
Die Ghibellinen sind Habsburger. Ich bin Franzose.

 

AMILCARE:
Wer sagt, dass dies so bleiben muss?

 

RAFFAELE:
Man kann die Außenpolitik eines Landes nicht in einigen Tagen ändern.

 

AMILCARE:
(ehrerbietig)
Ser, ich würde mich selbst mit dem Türken verbünden, wenn Ihr es wünscht.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

ASDRUBALE:
Ser, seit dem Sturz der Herzöge von Malpazzi sind 100 Jahre vergangen. Davon haben allein die dell’Ulivo und Buonavista über 70 Jahre geprägt. Wie wollt Ihr als Guelfe in wenigen Tagen diese Machtbasis erschüttern?

 

TIBERIO:
(ironisch)
Vielleicht ist mein Gedächtnis etwas eingerostet, Prestobiscotto, aber haben die Guelfen nicht damals die Tyrannen gestürzt und die Zweite Republik ausgerufen?

 

Die Anwesenden schweigen.

 

TIBERIO:
Vielleicht wäre es an der Zeit, dies zu wiederholen?

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

Amilcare steht Raffaele gegenüber. Er wirft einen Blick über die Schulter zum Schachbrett.

 

AMILCARE:
Wie Ihr schon bemerkt habt: ich bin die Dame auf dem Schachbrett. Ohne König ist dies die mächtigste Figur.

 

Amilcare nimmt den Weinkelch, den Raffaele auf dem Schachtisch abgelegt hat, in die Hand. Er wendet sich wieder zu Raffaele, schenkt ihm einen vielsagenden Blick – und bietet ihm den Kelch an.

 

AMILCARE:
Ich könnte noch einen guten Läufer brauchen.

 

RAFFAELE:
Dell’Ulivo, Ihr seid ein opportunistisches, intrigantes und gerissenes machiavellistisches Subjekt, dem man keine zwei Finger über den Weg trauen sollte.

 

AMILCARE:
Sollte Monte Veronese Doge werden, arrangiere ich noch tags darauf Bündnisverhandlungen mit Frankreich.

 

Raffaele zögert. Sein Mienenspiel fechtet einen Kampf mit sich selbst aus. Plötzlich greift er nach dem angebotenen Kelch, hebt ihn wie bei einem Trinkspruch.

 

RAFFAELE:
Auf die Ghibellinen!

 

Die Gläser stoßen gegeneinander.

 

RAFFAELE:
Allerdings hat mir der Springer immer mehr zugesagt.

 

Amilcare grinst bei dieser Klausel. Nachdem er an seinem Wein genippt hat, und der Pakt besiegelt ist, fügt er seine hinzu.

 

AMILCARE:
Es gibt nur ein winziges Problem…

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

PUBLIO:
Signori, zwei Nachrichten aus der Città Antica, soeben per Taube eingetroffen.

 

TOMMASO:
Keine Umschweife, Damiani.

 

PUBLIO:
Monte Veronese hat seine Kandidatur verkündet. Die dell’Ulivo, Malpazzi und Buonavista haben ihre Unterstützung zugesagt!

 

Publio schluckt, macht eine Pause.

 

PUBLIO:
Die zweite Nachricht ist von Pecorino. Er hat ebenfalls seine Kandidatur verkündigt – und fragt die guelfischen Brüder des Hauses …

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
(ungehalten)
Braccioleone!

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

PUBLIO:
… um Unterstützung an.

 

Alle Blicke im Arbeitszimmer richten sich schlagartig auf Tiberio.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
Er ist hochmütig.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
Richtet Consigliere Pecorino aus, dass das ehrenhafteste Geschlecht der Testabella e Braccioleone seinen Kandidaten bereits gefunden hat.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
Starrsinnig.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

PUBLIO:
Ser, wollt Ihr diese Entscheidung nicht nochmals überdenken?

 

TIBERIO:
Müsste ein Braccioleone seine Entscheidungen überdenken, so unterstellte man ihm Dummheit. Also geht, und berichtet Pecorino!

 

Publio nickt, geht rückwärts – wenn auch wenig überzeugt – wieder zurück durch die Tür, durch die er kam.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
Ambitioniert.

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

Tiberio geht die Anwesenden im Arbeitszimmer nacheinander ab. Zuerst bleibt er bei Mangiafrancesi stehen, deutet mit dem Zeigefinger auf ihn.

 

TIBERIO:
Mangiafrancesi, kontaktiert unsere Kameraden.

 

MANGIAFRANCESI:
(salutiert)
Zu Befehl, Capo!

 

AMILCARE (OFF):
Dominant…

 

Tiberio steht vor Taddeo und Tommaso. Er sieht sie in einer Mischung aus Argwohn und Forderung an.

 

TIBERIO:
Die Roccolo gehören wie die Braccioleone zu den Löwenfamilien…

 

TADDEO:
(enthusiastisch)
Und wenn der Löwe brüllt, sind wir zur Stelle! Die Monte Veronese sind die Erzfeinde des Hauses von San Rocco!

 

Tiberios Blick wandert von Roccolo zu Mascarpone.

 

TIBERIO:
Auch die Mascarpone waren immer gute Guelfen. Wenn sie auch zu den Weißen Guelfen zählen, wie die Pecorino.

 

TOMMASO:
Meine Familie trägt das Kreuz im Wappen. Die Ehre der Braccioleone stand uns immer näher als das Geld der Pecorino.

 

Tommaso hebt das Kinn an.

 

TOMMASO:
Ganz abgesehen davon sind die heuchlerischen dell’Ulivo die Erzfeinde unserer Familie. Wir würden niemals einen ihren Kandidaten wählen – selbst wenn sie meine Tochter zur Königin von Frankreich machten!

 

TIBERIO:
Ich bin zuversichtlich, dass die Freunde, Verbündeten und Abhängigen Eurer vortrefflichen Familien dasselbe denken.

 

AMILCARE (OFF):
Berechnend…

 

TIBERIO:
Prestobiscotto, lasst zu den Semifreddo und den Vargazza schicken, und erinnert sie an die Freundschaft unserer Familien untereinander.

 

ASDRUBALE:
Die Semifreddo und die Vargazza sind untereinander verfeindet, Ser. Wenn Ihr die eine Seite gewinnt, verliert ihr die andere.

 

TIBERIO:
Die Monte Veronese sind die Todfeinde der Vargazza.

 

ASDRUBALE:
Aber sie könnten Pecorino wählen.

 

TIBERIO:
Die Vargazza waren bereits Grafen von Palatina, da haben die Pecorino noch auf ihren Wechselbänken Scudi verschoben. Was glaubt Ihr, wen die älteste Familie Palatinas unterstützen wird: die Nachfahren von Geldverleihern…

 

Deutet auf ein Bild des Conte Testabella

 

TIBERIO:
… oder den Nachfahren des Mannes, der diese Grafschaft vor einem halben Jahrtausend erst frei gemacht hat?

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
Kaltblütig!

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

ASDRUBALE:
Und die Semifreddo?

 

TIBERIO:
(nachdenklich)
Ich habe denen lange kein Geschenk mehr gesendet.

 

ASDRUBALE:
Ser?

 

TIBERIO:
Irgendwo dürften noch 1.000 Dukaten unter meiner Matratze liegen.

 

TIBERIO:
(verbessert sich)
Nein, besser 2.000 Dukaten. Wir wollen keine Genuesen sein.

 

ASDRUBALE:
Signore, damit kann man eine ganze Galeere kaufen!

 

TIBERIO:
Wie trefflich. Tarquinio Semifreddo ist Kapitän in der Marine – und wartet schon viel zu lange auf eine Beförderung.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
Und grob!

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

TIBERIO:
Bindet am besten eine große Schleife drum. In Rot. Mit einer dieser Glückwunschkarten, die man zum Geburtstag versendet.

 

Prestobiscotto zückt Stift und Papier.

 

TIBERIO:
Schreibt.

 

AUSSEN. VILLA DI TESINO – TERRASSE – TAG

 

AMILCARE:
Kurz: Braccioleone ist der gefährlichste Mann Palatinas!

 

INNEN. FESTUNG – ARBEITSZIMMER– TAG

 

Tiberio sinniert über den Text auf der Grußkarte.

 

TIBERIO:
Alles Liebe…

 

Annibale notiert dies, schaut auf.

TIBERIO:
… Euer…

 

Tiberio bemerkt, dass diese Art der Vorteilsfindung nicht zu ihm passt, und unterbricht sich selbst.

 

TIBERIO:
Lasst das mit der Liebe. Meine Schwester wird das regeln.

 

SALIM:
Soll ich sie benachrichtigen?

 

TIBERIO:
Während wir hier reden, wird Antea bereits den Senatoren, welche von dell’Ulivo bestochen wurden, das Doppelte bieten – und Semifreddo eingeladen haben.

 

Die Umstehenden sehen irritiert zu Tiberio.

 

TIBERIO:
(optimistisch)
Sie ist Guelfin. Sie kann nicht anders.

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