Das Drehbuch, an dem ich nicht schreibe (Vorspann)

13. Januar 2014
Kategorie: Das Drehbuch, an dem ich nicht schreibe

VORSPANN

 

Schwarzes Bild. TEXTTAFEL: Irgendwo in Italien, ca. 1550.

 

AUSSEN. SCHIFFSDECK – NACHT

 

Ein junger Mann lehnt an der Reling. Es handelt sich um OTTAVIO DANDOLO (18). Er wirkt skeptisch, intelligent, aber leicht arrogant. Er sitzt unter einer Laterne, notiert mit Papier und Feder einen Brief. Im Hintergrund RAUSCHEN Wellen, Matrosen SCHNARCHEN.

 

OTTAVIO (OFF):

Lieber Vater! Meine Studien in Padua sind ein voller Erfolg und fruchtbar.

 

INNEN. PADUA – TAVERNE – NACHT (RÜCKBLENDE)

 

LÄRM und LACHEN sind unüberhörbar.  Im Hintergrund flirtet ein FORSCHER KOMMILITONE mit einem SCHANKMÄDCHEN. Ottavio sitzt an einer Tafel mit FRÖHLICHEN KOMMILITONEN, man prostet einander zu. ANDERE KOMMILITONEN gehen dem Würfelspiel nach oder singen ANZÜGLICHE LIEDER.

 

OTTAVIO (OFF):

Ich habe hier viele Freunde, die mich wertschätzen.

 

An einem Nachbartisch schauen drei Studenten in Ottavios Alter zu der feiernden Gesellschaft.

 

VERÄRGERTER STUDENT:

(haut seinen Weinbecher auf den Tisch)

Der Dandolo ist der größte Arsch auf Erden!

 

OTTAVIO (OFF):

Ich bin ein hochgeschätztes Mitglied der Gesellschaft und man blickt zu mir auf.

 

Die Studenten am Nachbarstisch stecken die Köpfe in verschwörerischer Manier zusammen.

 

VERÄRGERTER STUDENT:

Am liebsten würde ich dieser venezianischen Kanalratte das Mundwerk mit seinen Theoriepapieren stopfen!

 

DÜMMLICHER STUDENT:

Aber die Dozenten schätzen ihn. Wie willst du das anstellen, Guy?

 

INTRIGANTER STUDENT:

Wie wäre es, wenn wir das Hausferkel des Rektors mit Traubenmost und Nüssen vollstopfen, und es dann ihm in die Schuhe schieben?

 

INTRIGANTER STUDENT und DÜMMLICHER STUDENT sehen einander überrascht an. Alle drei geben sich die Hände, wie bei einem Pakt.

 

AUSSEN. SCHIFFSDECK – NACHT

 

OTTAVIO (OFF):

Allerdings merke ich, dass Padua mir nicht das bieten kann, was ich suche.

 

INNEN. PADUA – UNIVERSITÄTSBÜRO – TAG (RÜCKBLENDE)

 

Der REKTOR steht umgeben von prächtig gekleideten DEKANEN vor seinem Arbeitstisch, ihm gegenüber Ottavio. In seiner Hand hält er ein vollgefressenes Ferkel, das AUFQUIEKT. Am Hals des Tieres baumelt ein kleines Band mit einer Schweinemarke, auf der „Dessy“ neben einem Blümchen steht.

 

REKTOR:

(wütend)

DANDOLO!

 

Ottavio grinst gequält, geht ein paar Schritte zurück – und flüchtet aus dem Raum. Die Dekane verfolgen ihn.

 

AUSSEN. SCHIFFSDECK – NACHT

 

Ottavio hebt den Kopf, nickt sich selbst zu, als glaubte er, die Umstände wahrheitsgemäß aufgeschrieben zu haben. Er tunkt die Feder nach, und fährt mit der Abschrift des Briefes fort.

 

OTTAVIO (OFF):

Wie wir alle wissen, ist mein lieber Onkel Cesare Foscari ein vermögendes und einflussreiches Mitglied in der Ferne.

 

INNEN. PALATINA – MARKTHALLE – TAG

 

An einem Stand sitzt ein groß gewachsener Handelsherr mit der Aura eines Kaufmanns, der nicht nur einiges erlebt hat, sondern auch ein Kontor zu verwalten weiß. Der Edelmut eines venezianischen Patriziers haftet ihm an. Es handelt sich um CESARE FOSCARI (37), in dessen Hand Goldmünzen ruhen, die er knapp unter seiner Nase gleiten lässt und die Augen schließt.

 

CESARE:

(zufrieden)

Ah, ich liebe den Duft von Dukaten am Morgen…

 

OTTAVIO (OFF):

Ich denke, er wird erfreut sein, seinen Neffen eine Unterkunft zu bieten. Er ist ein großzügiger, intelligenter Mann von Anstand und Tugend.

 

CESARE wendet sein Haupt von den Münzen nach rechts.

 

CESARE:

(herrisch)

SCAMORZA! Habe ich nicht gesagt, dass die Otternasen noch heute ausgeliefert werden sollen?!

 

SCAMORZA, der Unterverwalter Cesares, hetzt einmal durch die ganze Markthalle, von rechts nach links, als fürchtete er um sein Leben.

 

AUSSEN. SCHIFFSDECK – NACHT

 

OTTAVIO (OFF):

Ich hoffe daher mein Glück in der schönsten, turbulentesten und rühmlichsten Stadt der Renaissance zu finden, die man die „Reiche“ oder die „Goldene“, oder „Die trächtige Seekuh im Lachsschaum“ nennt. Palatina.

 

PANORAMA PALATINAS wird eingeblendet. Es folgen der Titel und die Opening-Credits.

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