Aus dem zu raschen Zulassen Fremder in den Staatsverband können viele Gefahren entstehen

3. Januar 2019
Kategorie: Europa | Freiheit | Fremde Federn | Historisches | Ich bin Guelfe, ich kann nicht anders | Ironie | Mittelalter

In der ersten Sektion des zweiten Teils der „Summa Theologiae“ des Thomas von Aquin finden wir unter Quaestio 105, Artikel 3 „Die Begründung der richterlichen Vorschriften rücksichtlich der Fremden“. Oder anders: Einwanderungspolitik gemäß thomistischer Tradition.

[…]

Ich antworte; dreifache Gelegenheit bot sich den Juden, mit den Fremden friedlich zu verkehren:
1. wenn Fremde durch ihr Land reisten;
2. wenn Fremde in ihr Land kamen, um da zu bleiben, wie die advenae, die Ankömmlinge; und mit Rücksicht auf beide gab das Gesetz Vorschriften der Barmherzigkeit, wie III. die Stellen angeführt hat;
3. wenn Fremde zum Ritus und zum gänzlichen Staatsleben mit dem auserwählten Volke zugelassen werden wollten; und da wurde eine gewisse Ordnung beobachtet.

Denn nicht sogleich wurde ihnen das Bürgerrecht verliehen; wie ja auch 3 Polit. I. berichtet wird, daß bei einigen Völkern die Vorschrift bestand, erst wenn jemand seit Großvater und Urgroßvater da wohnte, solle er Bürgerrecht genießen können. Denn aus dem zu raschen Zulassen Fremder in den Staatsverband können viele Gefahren entstehen, da die so aufgenommenen Alles mitzuberaten hätten, was das Volk angeht, und doch noch nicht die Liebe zum öffentlichen Besten so recht festgewurzelt in sich trügen, sonach Manches gegen das Volkswohl versuchen könnten. Deshalb beobachtete das Gesetz nach dieser Seite hin eine gewisse Stufenfolge: Die Ägypter, bei denen die Israeliten (zu Moses Zeiten) geboren und aufgewachsen waren, und die Idumäer, die Söhne Esaus, des Bruders Jakobs, also die Angehörigen jener Völker, die mit dem Volke Gottes bereits durch eine gewisse Verwandtschaft verbunden waren, konnten im dritten Geschlechte in den Volksverband aufgenommen werden. Die aber sich offen feindselig gegen sie gezeigt hatten, wie die Ammoniter und Moabiter, durften niemals das Bürgerrecht erhalten. Die Amalekiten endlich, die in noch höherem Grade ihre Gegner gewesen und mit ihnen durch keinerlei Verwandtschaft verbunden waren, sollten für beständige Feinde erachtet werden: „Der Krieg Gottes soll sein gegen Amalek von Geschlecht zu Geschlecht.“ (Exod. 17.)

Was die feindselige Berührung mit den Fremden angeht, so bestimmte das „Gesetz“:
1. Der Krieg solle gerecht sein; denn Deut. 20. wird geboten, ehe man gegen eine Stadt ausziehe, um sie zu erobern, solle man ihr Frieden anbieten;
2. man solle den einmal begonnenen Krieg mit starker Ausdauer führen, vertrauend auf Gott; der Priester solle vor der Schlacht die Kämpfer stärken und den Beistand Gottes versprechen;
3. das Hindernis des Krieges solle entfernt und die Schwachen deshalb nach Hause geschickt werden;
4. den Sieg soll man maßvoll benutzen, schonen nämlich die Frauen und die Kinder und selbst die Fruchtbäume der Gegend nicht umhauen.

I. Rücksichtlich der Seele schloß das Gesetz niemanden aus vom Kulte des einen Gottes. Denn Exod. 12. heißt es: „Wenn eine von den fremden Familien in eueren Ort kommen will und das Pascha des Herrn halten, so sollen erst alle männlichen Mitglieder derselben beschnitten werden und dann wird sie gesetzmäßig die Feier mitbegehen und sein wie der Eingeborene.“ Das Heil der Seele also konnte jeder da finden. Aber was das bürgerliche Gemeinwesen anbelangt, galten die eben angegebenen Schranken; so daß manche gar nicht aufgenommen wurden. Denn wie ein einzelner Mensch bestraft wird für die von ihm begangene Sünde, damit andere vor der Sünde Furcht haben und mit ihr aufhören, so kann auch wegen einer Sünde ein ganzes Volk bestraft werden, auf daß andere Völker diese Sünde nicht begehen. Es konnte jedoch von diesem allgemeinen Verbote dispensiert werden, wenn jemand einen heroischen Tugendakt gemacht hatte. So wurde „Achos, der Führer der Söhne Ammons, dem Volke Israel hinzugefügt und alle Nachkommenschaft seines Geschlechts,“ wie Judith 14. berichtet wird; und Ruth ebenso, die Moabiterin, „denn sie war ein Weib von großer Tugend;“ wenn man auch die Frauen, die ja im eigentlichen Sinne keine Bürger, vom Verbote überhaupt ausnehmen kann.

II. Vollbürger ist nach 3 Polit. 3. derjenige, welcher thun kann Alles, was die Bürger thun; z. B. im Rate sitzen, Richter sein. Bürger in gewissem Sinne ist, wer auch immer in der Stadt wohnt, wie Kinder, niedrige Personen, die keine Gewalt haben in dem, was zum Gemeinwesen gehört. Unechte Kinder also wurden wegen des schmutzigen niedrigen Ursprunges von der Vollbürgerschaft ausgeschlossen; und ähnlich Eunuchen, denen jene Ehren nicht gebührten, welche den Vätern zukamen; — zumal noch im Volke der Juden, wo der heilige Dienst anvertraut war ein und demselben Geschlechte, also die Diener am Heiligtums der fleischlichen Fortpflanzung ihren Charakter dankten. Auch bei den anderen Völkern wurden nach 2 Polit. 7. die Väter, welche viele Kinder gehabt, mit besonderen Ehren bedacht. Was aber das Heil der Seele, das Leben der Gnade also, anbetraf, da war kein Unterschied zwischen Eunuchen, Fremdlingen und ähnlichen und den anderen. So sagt Isai. 56.: „Es spreche nicht der Sohn des Fremdlings, der Gott anhängt: Trennen wird mich der Herr von seinem Volke; und der Eunuch sage nicht: Siehe, ein verdorrtes Holz bin ich.“

III. Zinsen nehmen von Fremden war nicht nach der Absicht des „Gesetzes“, sondern nur eine gewisse Erlaubnis; weil die Juden zum Geize hinneigten und damit sie friedvoller wären gegen die Fremden, wenn sie von denselben Nutzen hätten.

IV. Manche der feindlichen Städte waren entfernt und gehörten nicht zur Zahl jener, die ihnen verheißen worden; — in solchen Städten wurden die Männer getötet, welche gekämpft hatten gegen das Volk Gottes; die Frauen und Kinder wurden geschont. In den benachbarten Städten aber, die ihnen verheißen worden, wurde nach dem Gebote Gottes Alles getötet, wegen der vorhergegangenen Ruchlosigkeiten derselben; zu deren Bestrafung eben Gott das Volk Israel gesandt hatte: „Weil sie gottlos gehandelt, deshalb sind sie durch deinen Eintritt zerstört worden;“ heißt es Deut. 9. Die Fruchtbäume wurden gelassen zum Nutzen des Volkes, dem nun das Gebiet unterworfen war.

V. Der Erbauer eines neuen Hauses, der Pflanzer eines neuen Weinberges und der neu Verheiratete wurden vom Kampfe ausgeschlossen:
1. Weil der Mensch Solches, was er neu besitzt oder gleich bekommen soll, in höherem Grade zu lieben pflegt und den Verlust sonach mehr zu fürchten; infolge solcher Furcht war es nun wahrscheinlich, daß sie den Tod mehr fürchteten und somit nicht tapfer kämpften;
2. weil es „als ein hartes Unglück erscheint, daß jemand nahe daran ist, ein gewünschtes Gut zu besitzen und da noch gehindert wird,“ sagt Aristoteles. (2 Physic.) Damit also die Verwandten nicht zu sehr trauerten über den Tod solcher, die der ihnen zugedachten Güter nicht froh werden konnten, und auch das Volk, dies erwägend, nicht in höherem Grade vor dem Kampfe zurückschreckte; deshalb wurden sie vom Kampfe ferngehalten.

VI. Die Feigen wurden zurückgeschickt, damit sie die anderen nicht ansteckten.

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