Italo am PC

6. Mai 2016
Kategorie: Caravaggioduft | Ironie | Italianità und Deutschtum | Medien

»Und, Mr. Italo, wie gefallen Ihnen die Sozialen Medien?«
»Asoziale Medien träfe es besser.«
»Haben Sie wieder Ihre Morgenschokolade nicht getrunken?«
Sam grinste, wie bei einer Provokation.
»Im Gegenteil. Bin bereits bei der vierten Tasse«, raunte Italo. »Anders ist das alles ja nicht zu ertragen.«
»Sie sind erst seit einer halben Stunde online.«
»Sagen Sie mir lieber, warum wildfremde Menschen mit mir befreundet sein wollen. Das will ich ja nicht einmal in der Realität.«
»Da scheint jemandem Ihr Caravaggio zu gefallen.«
»Bezeichnend für dieses dekadente Jahrhundert, dass man denkt, man könne Caravaggio mit 140 Zeichen oder einem „Daumen hoch“ Genüge tun.«
»Like.«
Sams dezidiert freundliche Betonung hallte nach. Für einige Momente blickte Italo die Amerikanerin nur vorwurfsvoll an.
»Euch Yankees ist es doch scheißegal, ob ihr einen Starbucksbecher „liked“ oder einen Caravaggio. Santo Dio. Gibt eigentlich nur eine Sache, die mich noch mehr ankotzt.«
»Die wäre?«
»Klischees«, unterstrich Italo. »Klischees überall.«
Italienische Schuhabsätze drückten auf den Boden. Sam sah Italo verwirrt nach.
»Wo wollen Sie hin?«
»Krieg und Frieden lesen.«

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