Europa, aus der Sicht deutscher Eliten

20. Januar 2016
Kategorie: Alltägliche Gedankenstreifzüge | Europa | Freiheit | Ironie | Italianità und Deutschtum | Medien | Non enim sciunt quid faciunt

Ungarn: Ein Land, für das sich in Deutschland bis vor anderthalb Jahren keiner interessierte, gilt nunmehr als Hort von Rassismus und Rechtsextremismus, regiert von einem Putin in Kleinformat.

Polen: Ebenfalls an Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gefallen. Medien sollen vom Staat kontrolliert werden. Hiesige Journalisten schreien: Skandal! Hier in Deutschland sei ja alles anders, wie eine WDR-Journalistin mitteilte. Überhaupt driftet Polen auf russische Verhältnisse zu; Putins Dreifachgänger.

Slowakei: Muslimfeindlich. Hat nicht einmal eine Moschee. Innenminister Maiziere versuchte endlich den deutschen Weg vorzubereiten. Aber diese widerborstigen Slowaken schlugen unser großzügiges Gebot aus!

Tschechien: Auch so ein Möchtegernstaat. Auf demselben Weg wie Polen und Ungarn.

Slowenien: Beschweren sich über Flüchtlinge und treiben sie dann doch weiter nach Deutschland. Garstiges, kleines Völkchen! Wieso können die nicht, was wir können? Nur, weil Slowenien etwa die Fläche von Rheinland-Pfalz hat, aber nur die Hälfte der Einwohnerzahl? Ausreden!

Großbritannien: Radikale UKIP-Partei, Referendum, und starke konservative Mehrheit zusammen mit verrückten Schotten. Hoffentlich sind die bald raus. Aber deren Kohle, die könnten wir schon brauchen. Überhaupt bietet die EU den Briten so viele Vorteile, wie… wie… den Frieden. Beispielsweise!

Frankreich: Rechtsextremer Sieg gerade noch so abgewandt. Die spinnen, die Gallier! Hollande oder Sarkozy – wie kann man sich über so eine Auswahl nur beschweren? Anschläge haben wie auch die Vorfälle in Köln nichts mit dem Nichts zu tun. Feministinnen sagen: sowieso egal, alles Männer!
Zu Italien sind die Grenzen bereits dicht. Aber im Elsass kann das ja nie passieren.

Österreich: Rechtsextreme auf dem Vormarsch. Dazu Grenzschließungen.

Schweiz: Noch mehr Rechtsextreme, die die Grenzen schließen.

Schweden: Unser heiliges Vorbild, das ebenfalls auf rechtsextreme Abwege gerät. Grenzenschließen geht gar nicht!

Dänemark: Grenzschließung. Et tu, Brute?

Niederlande: Grenzschließungen, auch bald in ihrer Nähe. Gut, wenn alle um uns herum die Grenzen schließen, brauchen wir das ja nicht.

Deutschland 2016: Von Rechtsextremen, Fremdenfeinden, Flüchtlingshassern und allem möglichen Pack mit Putin-Allüren eingekreist. Isolation? Von wegen. Ungarn isoliert sich von der EU, Polen isoliert sich von der EU, Tschechien und die Slowakei auch. Österreich mittlerweile auch. Die meisten Skandinavier brechen ebenfalls Schengen. Aber wofür brauchen wir die – am deutschen Wesen soll die Welt genesen! Wir beschließen natürlich nie Sanktionen oder versuchen Einfluss auf andere Länder zu nehmen – außer vielleicht in Griechenland, Italien und jetzt Polen – aber das sind ja nur wohlmeinende Verbesserungen. Für die Demokratie nach deutschem Vorbild.

Wenn endlich alle Übeltäter raus sind, kann Deutschland dann endlich seine Vorzeige-EU durchsetzen. Vielleicht mit Luxemburg.

Addendum: Der Historiker sieht das Bild und denkt sich seinen Teil…

Teilen

«
»