Treffen sich Rimsky-Korsakow, Beethoven und Hisaishi in einer Bar…

28. April 2015
Kategorie: Beethoven | Musik

Nach längerer Zeit mal wieder etwas Musik. Man fragt sich ja doch, wie lange man auf Youtube-Videos noch verlinken darf, oder es dort überhaupt noch Musik zu hören/sehen gibt. Ich bin sicherlich kein Advokat des freien Inhalts für jeden; andererseits habe ich mir im Nachhinein viele CDs (wird so etwas noch verkauft?) erst zugelegt, nachdem ich auf Youtube darauf gestoßen war. Das betrifft nicht nur Filmmusik, sondern auch Stücke der Klassik, Romantik etc. Daher mal ein kleiner musikalischer Rundumschlag:

Nikolai Rimsky-Korsakow, Capriccio Espagnole – Zu meiner Schande habe ich diese Perle erst jetzt entdeckt. Rimsky-Korsakows Scheherazade bleibt für mich eines der prägendsten Stücke in meiner gesamten Musikerfahrung. Eher durch Zufall darauf gestoßen, fasziniert mich an diesem Capriccio die Symbiose von spanischer Folklore und russischem Unterton. Den Kontrast zwischen mediterraner und slawischer Musik empfinde ich dabei deutlich nunancenreicher als bei Tschaikowskys Capriccio italien, das stets züchtig-„klassisch“ bleibt.

Ludwig van Beethoven, Klaviersonate 32 – Weniger eine Neuentdeckung, als vielmehr eine Wiederentdeckung. Beethovens letzte Sonate übersteigt so einiges, was man gewohnt ist. Einerseits der typische beethovener Ton, die Wärme, Tiefe und Verspieltheit, bei der man sofort weiß, woran man ist – glaubt man. Insbesondere im zweiten Satz hat man den Eindruck, dass Beethoven hier nicht ein Stück komponiert, sondern durch die ganze Musikgeschichte hindurchvariiert, von tiefbesinnlicher Klarheit bis hin zu fröhlichem Klaviergeklimper, das an Jazzmusik erinnert. Aber gut, wer anders außer Beethoven hätte sonst den Jazz vorbereitet? Würde mich nicht wundern, wenn in den letzten Tagen der Welt alle Musik zu Beethoven zurückkehrt.

Joe Hisaishi, Hurly-Burly – Wo wir eben bei Jazz waren: ist das noch Filmmusik, New Classic mit Jazz-Einfluss, oder einfach nur „Konzertmusik“? Meiner Ansicht sind alle diese Bezeichnungen zugleich richtig und falsch. Für mich ist es einfach: Hisaishi. Der Mann hat seinen ganz eigenen Stil, gleich was er anfasst. Immer hört man raus, wer dahinter steckt. Ein Phänomen. Bezeichnend, dass er der einzige lebende Künstler in dieser Auswahl ist.

Leonard Bernstein, Candide Ouverture – Ebenfalls eine Wiederentdeckung. Vitalisiert besonders morgens früh um 7 Uhr, wenn man sich ins Auto setzt. Andere Leute mögen Montage hassen, ich habe nichts gegen bestimmte Tage, als vielmehr gegen Uhrzeiten.

Vom neuen Soundtrack zu Interstellar von Hans Zimmer bin ich dagegen eher wenig angetan. Ich bin nun sicher kein „Zimmer“-Neuling. Neben den obligatorischen Alben – Gladiator, Pirates of the Caribbean und Inception – besitze ich da durchaus eine ansehnliche Sammlung. Höre ich aber in „mein“ letztes Zimmer-Album rein – Angels&Demons – und vergleiche es mit dem neuesten, so verstehe ich die enthusiastischen Kommentare so gut wie gar nicht.

Klar, das ist dem Thema des Films geschuldet. Angels&Demons besitzt eine andere Erzählung als Interstellar. Und sicherlich versucht die Musik die Weite des Universums und die Zukunft, sowie die Dramatik des Films nachzuzeichnen. Keine Frage. Allerdings konnte ich auch schon mit György Ligetis Musik für 2001 – Odyssee im Weltraum wenig anfangen, und sehe da auch ganz klar die Anspielung.

Wenn man nun aber jede Veränderung gleich als Revolution feiert, das eigentliche Ergebnis dagegen bis auf wenige Ausnahmen* eher monoton und – für meinen Geschmack – sogar langweilig wirkt, frage ich mich, ob man sich nicht dann in Richtung Kunstmusik verabschiedet. Heißt: Musik, die einen ganz grandiosen Anspruch hat, aber die einem schlicht und ergreifend nicht gefallen mag.

Ich bin mit Sicherheit kein Gegner des Minimalismus. Eine CD von Philipp Glass findet auch in meinem Regal Platz. Joe Hisaishis „Minima Rhythm“ habe ich erst kürzlich erworben, und – Santo Dio – die dortigen Stücke übertreffen meiner Ansicht nach so einiges, was ich in diesem Genre gehört habe. Insofern halte ich das alles für eine reine Geschmacksfrage.

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*Ja, der Track ist phänomenal. Aber wenn auch Filmmusik darauf hinauslaufen sollte, dass man keine „Alben“ mehr verkauft, sondern eine gute Single mit anderen Tracks drumherum, kann man auch gleich wie bei der Pop-Industrie dazu übergehen, die einzelne Single auszukoppeln.

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